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FH verdrängt Uni-Absolventen. | Uni: Bis drei Jahre auf Stelle warten. | Wien. Noch vor wenigen Jahrzehnten galt die Matura als solide Ausbildung, mit der man schnell eine gute, interessante Stelle finden konnte. Doch so wie sich die Zeiten ändern, so verschieben sich auch die Präferenzen und Wertigkeiten am Arbeitsmarkt. Hat man früher eine bestimmte Ausbildung aus persönlichem Interesse ergriffen, so überwiegen bei der Wahl heute vielfach jobstrategische Überlegungen. Welcher Abschluss verspricht nun aber tatsächlich einen sicheren Arbeitsplatz?
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Irmgard Prosinger, Sprecherin des Personalvermittlers Trenkwalder, betont, dass ein Abschluss ohne Praxis allgemein schwierig zu vermitteln ist. Vor allem AHS-Maturanten würden heute kaum Angebote erhalten, da immer öfter HAK- oder FH-Absolventen für klassische Büroberufe herangezogen werden; früher eine Domäne der AHS-Maturanten. Maria Hofstätter vom Arbeitsmarktservice AMS bestätigt diesen Trend. Für sie ist die AHS-Matura nur eine Vorbereitung für ein vertiefendes Uni- oder FH-Studium.
Zusatzausbildung für Maturanten wichtig
Personalberater Thomas Stummer von Stummer&Partner hingegen sieht die Zukunft der Gymnasiasten nicht so dunkel. Vor allem im Bankenbereich sind nach wie vor AHS-Absolventen wegen ihrer guten Allgemeinbildung als Kundenberater gefragt. "Das spezielle Bank-Wissen lernt man sowieso vor Ort", so Stummer. Trotzdem achten Banken darauf, nur Absolventen renommierter Schulen zu nehmen. Als Starthilfe empfehlen sowohl Prosinger als auch Stummer Gymnasiasten eine betriebswirtschaftliche Zusatzausbildung, etwa den Aufbaulehrgang an einer Handelsakademie. Aufgrund der verpflichtenden Praktika an Fachhochschulen sieht Prosinger Akademiker im Nachteil gegenüber ihren FH-Kollegen, die damit bereits erste Kontakte knüpfen können. Vor allem FH-Abschlüsse in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern gepaart mit beruflicher Vorerfahrung würden vermehrt von Unternehmen nachgefragt.
Generell gilt: Je allgemeiner eine Ausbildung, desto schwieriger wird es bei der Arbeitssuche. Beispielsweise sind Absolventen der Montanuniversität Leoben oder Elektrotechniker leicht und schnell vermittelbar. Gleiches gilt für Juristen mit Fokus Gesellschafts- oder IT-Recht beziehungsweise mit Ostsprachen-Kenntnissen, so Stummer.
Zu früh für Bewertung des Bachelors
Laut AMS sind von 100 Akademikern 2,2 arbeitslos; unter 100 Pflichtschulabsolventen suchen 21,2 und unter 100 AHS-Maturanten 3,8 Personen eine Stelle. Techniker, Naturwissenschafter und WU-Absolventen warten bis zu einem Jahr, Sozialwissenschafter bis zu drei Jahre auf einen Job. Einig sind sich die Experten, dass es heute noch zu früh ist, die Jobchancen der frischen Bakkalaureats-Absolventen zu beurteilen. Um die Chance auf einen Arbeitsplatz zu erhöhen, sind Zusatzqualifikationen von großem Vorteil. Vor allem betriebswirtschaftliches Verständnis ist heute gerne gesehen. Sehr gute PC-Kenntnisse und so genannte Soft-Skills werden hingegen vorausgesetzt. In international ausgerichteten Unternehmen reichen gute Englisch-Kenntnisse meist nicht mehr; nur wer verhandlungssicher spricht, hat eine Chance.