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Wenn Amateure Spenden sammeln: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut

Von Christian Mayr

Analysen

Natascha Kampusch hat derzeit gewiss anderes im Kopf als das Schicksal von verschleppten mexikanischen Frauen und Kindern. Bald ein Jahr ist es mittlerweile her, dass sie ihrem Peiniger - nach quälenden acht Jahren Gefangenschaft - entfliehen konnte. Jetzt gilt es, Halt im Leben zu finden, mit dem großen Trauma umzugehen und auch den Hauptschulabschluss nachzumachen. (Nebenbei werden zum Jahrestag etliche Medienwünsche unterzubringen sein.)


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Vor einem Jahr waren ihr Menschen mit ähnlichen Schicksalen offenbar ein so großes Anliegen, dass sie gleich im ersten Interview die Idee einer wohltätigen Stiftung wälzte, der wenig später auch ein entsprechender Spendenaufruf folgte. Der an sich bemerkenswerte und hehre Plan brachte rund 50.000 Euro an weltweiten Spendengeldern ein, für die nun aber immer noch kein Abnehmer gefunden wurde. Ja, es gibt - obwohl deren Gründung schon mehrmals verkündet wurde - noch nicht einmal die "Natascha-Kampusch-Foundation". Sondern lediglich ein Sparbuch, das angeblich gut verzinst ist. So weit, so transparent.

Da verwundert es dann nicht, wenn die strengen Prüfer für das österreichische Spendengütesiegel gegenüber der "Wiener Zeitung" dieses Vorgehen kritisieren: Von enttäuschten Spendern, unüblich langer Wartezeit und amateurhaftem Verhalten ist die Rede. Das Geld würde jetzt gebraucht - und nicht erst in einem Jahr, wird moniert.

Die Kritik scheint insofern berechtigt, als Spenden für Kampusch einer doppelten Sensibilisierung unterliegen: Das Schicksal der heute 19-jährigen Österreicherin hat die Welt bewegt, ebenso wie das Leid in der Welt jährlich hunderttausende Österreicher zu den Brieftaschen greifen lässt.

Gibt es bei diesen Spenden nur die geringste Ungereimtheit, droht der ganze gemeinnützige Markt Schaden zu nehmen. Vergangene Skandale wie jener von "World Vision" (der Nachfolgeverein hat übrigens das Qualitätsmerkmal des Spendengütesiegels) sind vielen noch allzu präsent.

Wenn Prominente, die nichts anderes als Amateure auf dem Gebiet sind, selbst Wohltäter spielen, kommt in Österreich (mit einem jährlichen Spendenvolumen von 400 Millionen Euro) meist nichts Gutes heraus. Das musste schon Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser erkennen, dessen mit 42.000 Euro dotierter Sozialfonds ins Gerede kam, weil nach nur sieben Monaten noch kein Cent ausbezahlt war.

Man hätte der von jeder Menge Beratern umgebenen Kampusch wohl von Anfang an klar machen müssen, dass der Aufbau einer eigenen Hilfsaktion wesentlich ineffizienter ist als sich an eine der großen Organisationen "dranzuhängen". Denn mit 50.000 Euro wird man nicht weit kommen - diese Summe verbrauchen andere nur für die Verwaltung. Auch hier gilt wohl der Spruch: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut.