Trotz Herzflattern haben private Gespräche im Büro nichts verloren. | Privat und Beruf klar trennen. | Wenn Konflikte eskalieren, leiden auch Kollegen. | Wien. Bett und Abendessen teilen - klingt alltäglich. Aber auch den Arbeitsplatz? Wenn sich Kollegen verlieben, halten sie es zunächst meist geheim. Und dann? Kündigen, Beziehung beenden oder publik machen?
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"Eine Büro-Liebe sollte man anfangs möglichst lange Zeit für sich behalten", rät der Paar-Psychologe Peter Battistich. Erst wenn die Beziehung eine Probezeit bestanden hat, sollte man es den Kollegen sagen. Dass die Liebe nach außen sichtbar gemacht werden muss, meint auch Elisabeth Lindner vom Wiener Institut für Beziehungscoaching. Das Umfeld nehme von nonverbalen Botschaften ohnehin mehr wahr, als oft angenommen wird, erklärt die Psychologin. "Die Anziehungskraft zwischen zwei Menschen, die sich lieben, ist auch für andere spürbar."
Fingerspitzengefühl ist gefragt, ist doch eine Romanze zwischen Teeküche und Kopierer besonders in die Auslage gestellt. Mit Tratsch müssen Betroffene rechnen. Oft kommen aber auch Neid und Intrigen hinzu, sagt Battistich. Frauen bekämen schnell das Mäntelchen umgehängt, sich jemanden aus Karrieregründen zu angeln. Auch Mobbing sei kein Einzelfall.
Groß ist das Konfliktpotential jedoch nicht nur im Kollegenumfeld, sondern auch auf der Beziehungsebene. Wer den Partner - in Krawatte und Anzug gekleidet - lediglich in seiner Geschäftsrolle kennt, kann beim Kennenlernen der Privatperson einen regelrechten Schock erleben.
Beziehungsexpertin Lindner weist auch auf mangelnde Freiräume hin: "Beziehungsprobleme werden belastender erlebt, weil man nicht ausweichen kann und berufliche Probleme mit nach Hause nimmt und private Probleme mit in die Arbeit kommen." Kollegiales Liebesglück - eine Einbahnstraße?
Vortrag vor dem Gatten
Fast die Hälfte aller Paare lernt sich am Arbeitsplatz kennen. Michaela und Fritz Hirnböck kannten sich schon vorher. Seit fünf Jahren leiten sie gemeinsam das Romantik Hotel Gmachl im Salzburger Elixhausen.
"Um Konflikten aus dem Weg zu gehen, wird bei uns klare Aufgabentrennung groß geschrieben", sagt der männliche Part des Gastronomie-Gespanns bei einer Veranstaltung der Netzwerk-Plattform Women Talk Business. Während seine Partnerin für die Gäste und das Haus zuständig ist, werkt er im Büro. Zu einem Konkurrenzkampf um die erfolgreichere Karriere kommt es laut Michaela Hirnböck nicht: "Man geht nie den gleichen Weg", so die Mutter zweier Töchter.
Bei abweichenden Meinungen müssten Paare großzügig sein; unterschiedliche Standpunkte sollten möglichst nicht bewertet werden.
Naheliegend ist freilich: Die Grenzen zwischen privatem und beruflichem Alltag werden verwischt. Um hier eine klare Linie zu ziehen, empfehlen Paarberater, immer zwischen öffentlicher und privater Kommunikation zu unterscheiden.
Egal, ob beim gemeinsamen Kantinenbesuch oder bei der Präsentation vor dem Ehemann: "In der geschäftlichen Rolle gilt es in der Kommunikation Distanz zu wahren und neutrale Gesprächsthemen aufzugreifen", so Battistich.
Doppelbelastung bei Streit
Umgekehrt sei auch wichtig, berufliche Probleme nicht mit nach Hause zu schleppen. "Der Partner darf nicht als Seelenkübel missbraucht werden", sind sich Paartherapeuten einig.
Da Büro-Paare oft rund um die Uhr zusammen sind - von der gemeinsamen Autofahrt in die Firma bis hin zum Fortgehen mit Kollegen - sollten sie laut Lindners Expertise noch mehr darauf achten, dass sie Nähe und Distanz ausbalancieren. Möglich ist das etwa in Form von eigenen Hobbys und Bekanntenkreisen.
Die Allseits-Präsenz des Partners kann aber auch zu einer Feuerprobe bei Beziehungsproblemen werden. Konstruktiv zusammenarbeiten, obwohl privat Feuer am Dach ist? "Die Doppelbelastung ist extrem", urteilen die Paarpsychologen. Wenn der Konflikt eskaliert, breite er sich oftmals auch auf das Umfeld aus. Kollegen würden dann Partei ergreifen, die Stimmung im Unternehmen sei am Boden.
Anderer Ansicht sind die beiden Künstler Renate und Peter Loidolt. Die Leiter der Festspiele Reichenau sehen auch eine positive Seite am Streit: "Nur aus dem Konflikt heraus kommen wir zu positiven Lösungen", erklärt Peter Loidolt.
Artet der Streit freilich aus und geht die kollegiale Liebesbeziehung in die Brüche, ist Schlichten angesagt. Beziehungscoaching ist eine Lösung. Fest steht jedoch auch: Das Ende des verliebten Herzklopfens ist in vielen Fällen auch das Ende des kollegialen Miteinander. Ein Wechsel der Abteilung oder gar des Arbeitgebers ist meist unausweichlich.