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Wenn Arbeit Sinn macht und der Chef Coach ist

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft
Roman Stöger. Foto: mmzsg

"WZ"-Interview mit Managementberater Roman Stöger. | "Kein Unterschied zu gewinnorientierten Unternehmen". | "Wiener Zeitung":Sie haben mit Martin Salcher ein Buch zum Thema "Management von Non Profit Organisationen (NPO)" geschrieben. Worin liegt die Bedeutung von NPOs heute?


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Roman Stöger: Eine Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn es funktionsfähige Non Profit Organisationen gibt. Eine Krise im Automobilbereich, im Bankenwesen oder im Einzelhandel ist schlimm genug, eine robuste Volkswirtschaft hält das aber aus. Wenn allerdings Sozial-, Bildungs-, Verwaltungs- und Kulturorganisationen, Parteien oder Kirchen ins Wanken kommen, bricht eine Gesellschaft auseinander. Daher ist kompetentes Management von NPOs eine der wichtigsten gesellschaftlichen Funktionen.

Was sind die Besonderheiten von NPO-Management im Gegensatz zur Privatwirtschaft?

Gar keine. Es bringt nichts, einen Unterschied zwischen NPOs und gewinnorientierten Unternehmen zu machen. In den Sachaufgaben gibt es natürlich Unterschiede, die Qualität guter Führung ist aber in beiden Fällen dieselbe. Viel interessanter und ergiebiger ist die Frage, was gutes Management von schlechtem unterscheidet. Und das gilt sowohl für NPOs als auch für For Profit Organisationen.

Und was macht gutes Management aus?

Gutes Management ist die konsequente Orientierung an Resultaten. Unabhängig ob NPO oder gewinnorientiertes Unternehmen - das Augenmerk muss auf dem Kundennutzen liegen, auf der Leistungsfähigkeit und auf der Sicherstellung der Finanzierung des heutigen und künftigen Geschäftes. Viele NPOs stoßen sich an den Begriffen "Management" oder "Kunde". Hier mag es emotionale Befindlichkeiten geben, die in der Sache aber nichts bringen. Statt "Kunde" sagt man im NPO-Bereich zum Beispiel lieber "Patient", "Klient", "Besucher" oder ähnliches. Das ändert aber nichts daran, dass es im Endeffekt dasselbe ist. Management bedeutet, Organisationen und Menschen wirksam werden zu lassen, damit sie einen gesellschaftlichen Zweck erfüllen können.

Welche Einflussmöglichkeiten haben Staat und Politik bei NPOs?

Mein Eindruck ist, dass Politiker ein ambivalentes Verhältnis zu NPOs haben. Einerseits sehen sie den positiven Beitrag von NPOs für eine Gesellschaft. Andererseits sind viele NPOs durchaus unbequem, weil sie ihren "eigenen Kopf" haben und nicht einfach per Weisung zu führen sind wie eine Behörde. Kein Staat und keine entwickelte Gesellschaft kommen aber ohne NPOs aus - sei es im sozialen, gesundheitlichen, kulturellen Bereich, im Bildungs- oder Versorgungssektor. Subventionen, steuerliche Vergünstigungen, gesetzliche Vorschriften oder das Bereitstellen von Infrastruktur sind klassische Einflussmöglichkeiten des Staates. In den letzten Jahren kommen immer mehr so genannte Leistungsvereinbarungen dazu. Dabei vereinbart eine Behörde mit einer NPO ein Resultat, etwa eine Anzahl von Rettungsfahrten, die erledigt werden muss, oder eine Zahl von Auszubildenden oder Konzerten. Wie die NPO dann diese Ziele erreichen, bleibt ihnen selbst überlassen. In dieser Rolle müssen sich viele NPOs erst finden. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist kompetentes Management.

Kann man sagen, dass NPOs weniger Leistungsdruck haben als gewinnorientierte Unternehmen in der Privatwirtschaft?

Der Druck auf viele NPOs nimmt zu: Kundenerwartungen und Leistungsziele werden immer höher, die Subventionen bleiben jedoch gleich. NPOs müssen deshalb mit knappen Ressourcen ein stetig steigendes Aufgabenvolumen bewältigen. Zusätzlich wird es schwieriger, gute Mitarbeiter zu finden, vor allem weil sich immer weniger Menschen engagieren. Insgesamt ist der Druck sicher größer als beispielsweise noch vor 10 oder 20 Jahren. Das bedeutet, dass die Anforderungen an die Führung einer NPO dramatisch steigen. Für einige NPOs ist das neu und mit vielen Problemen verbunden. Die Privatwirtschaft ist hier oft schon ein Stück voraus. Es gibt aber auch genügend andere NPOs, die schon sehr früh gelernt haben, mit dieser Situation umzugehen.

Nimmt die Management-Ausbildung im NPO-Bereich auf diese Faktoren Rücksicht?

Das Positive ist, dass eine adäquate Ausbildung langsam im Kommen ist und kompetente Führung als der entscheidende Erfolgsfaktor für NPOs gesehen wird. Ich sehe es aber kritisch, dass es nach wie vor eine zu starke Akademisierung und vor allem Psychologisierung in der Ausbildung gibt: Es wird viel Wert auf "nett sein" gelegt, der Chef soll Mediator, Coach, Empowerer und mehr sein. Nur von Führung wird nicht mehr gesprochen. Damit ich nicht missverstanden werde: Natürlich braucht es einen gewissen Anteil an psychologischen Kenntnissen. Was aber relativ dazu fehlt, ist die handwerkliche Seite von Führung, etwa: Wie ist eine Sitzung produktiv zu leiten? Wie sind Zielvereinbarungen zu gestalten? Wie kann ich Mitarbeiter nicht nur fördern, sondern auch fordern?

Und was haben NPOs gegenüber Privatwirtschaftsunternehmen voraus?

Zahlreiche NPOs können etwas bieten, worin sich viele Unternehmen schwer tun: Sinn. Nehmen wir das Beispiel Feuerwehr: Was treibt ein Mitglied der freiwilligen Feuerwehr an, nach einem harten Arbeitstag um 23 Uhr zu einem Einsatz zu gehen? Hier versagen die typischen Motivatoren wie Geld, Status oder Dienstwagen. An dieser Stelle kann die Privatwirtschaft noch viel von NPO lernen.