Eine neue Nase, weniger Fett an den Hüften oder ein größerer Busen - rein technisch kein Problem. Doch werden wir dadurch tatsächlich zu dem Menschen, der wir sein wollen?
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Wer heutzutage mit seinem Äußeren unzufrieden ist, hat einige Möglichkeiten, diesem Umstand Abhilfe zu schaffen. Die Kosmetikindustrie bietet laufend neue Wundermittel gegen Falten, Cellulite und Co, Wunderdiäten versprechen minus zehn Kilo in einem Monat und diverse Nahrungsergänzungsmittel sollen die Jugend zurückholen. Doch mittlerweile setzt sich immer mehr der Gang zum Schönheitschirurgen durch: Ein größerer Busen, eine andere Nase, ein flacher Bauch oder ein faltenloses Gesicht scheinen unabdingbare Notwendigkeiten für ein erfolgreiches, glückliches Leben zu sein. Doch genau da tappen die meisten in die Falle, weiß die Psychologin Sabine Wilhelm, die an der Harvard Medical School unterrichtet und die Abteilung für Körperdysmorphe Störungen am Massachusetts General Hospital leitet: "Das Körperbild stellt unseren inneren Eindruck von unserem äußeren Körper dar. Unsere tatsächliche physische Erscheinung hat damit, wie attraktiv wir uns fühlen, allerdings wenig zu tun. Und Schönheit garantiert kein positives Körperbild, wie wir wissen, ebenso wenig wie Unscheinbarkeit zu einem negativen Körperbild führen muss. Wobei beide Begriffe natürlich Definitionssache sind."
Menschen, die extrem auf ihr Körperbild fixiert sind, finden stets Vorbilder, die ihnen erstrebenswert erscheinen, die sie aber nicht erreichen können. Ihr Denken, Fühlen und Handeln wird von der scheinbaren Unzulänglichkeit des eigenen Körpers bestimmt, ihre Selbstachtung sinkt, das Gefühl des Versagens wächst. "Wer nicht so aussieht wie die Models auf den Laufstegen oder in der Werbung hat keinen Erfolg und ist nicht begehrenswert, ist die Conclusio von Menschen mit einem negativen Körperbild. Diese Unzufriedenheit führt nicht selten zu einem totalen Rückzug aus dem normalen Alltagsleben und in eine schwere Depression. In diesem Fall spricht man von einer Körperdysmorphen Störung", erklärt Wilhelm. Seit 1995 arbeitet sie mit solchen Menschen, nun hat sie zu diesem Thema ein Buch herausgebracht. Sie erklärt Ursachen und Auswirkungen dieser Störung und bietet eine Art Selbsthilfeprogramm, um einerseits herauszufinden, ob man selbst an dieser Störung leidet, und im weiteren Anleitungen, wie man damit umgehen kann, also etwa den eigenen Kernüberzeugungen auf die Spur zu kommen und negative Denkmuster zu überwinden. Auch wenn die Materie mitunter ziemlich trocken präsentiert wird, ist "Fühl dich schön!" ein wichtiger Beitrag zu heutigen zweifelhaften äußeren Werten und Wertigkeiten sowie deren Auswirkungen auf den Menschen und sein Weltbild.
Der Journalist Hans Weiss dagegen hat sich aufgemacht, der Beauty-Industrie genauer auf den Zahn zu fühlen. Da in Österreich die Bezeichnung "Schönheitschirurgie" nicht geschützt ist, darf laut Gesetz im Prinzip jeder Arzt Nasen verändern oder Fett absaugen. Doch lediglich Fachärzte für Plastische Chirurgie haben eine entsprechende Fachausbildung. Weiss fragte also bei einem Schönheitschirurgen wegen einer Lidkorrektur und bei einem anderen wegen einer Hormonbehandlung an - mit erstaunlichen Ergebnissen, was die Beratung, die Kosten oder die Operation als solche betraf. Gemeinsam mit der Ärztin und Autorin Ingeborg Lackinger Karger durchforstete Weiss also gängige Angebote und Methoden der Schönheitschirurgie, um sie pro Körperregion aufzulisten und Möglichkeiten, Nutzen und Risiken zu beschreiben. Und die durchschnittlichen Kosten fehlen natürlich auch nicht. Weiss scheut sich außerdem nicht, in seinem Buch "Schönheit. Die Versprechen der Beauty-Industrie" ungeniert sämtliche Namen der von ihm aufgesuchten Ärzte und Kliniken zu nennen - ein mutiger Schritt. Und obwohl er zwar nicht wirklich Neues bieten kann, ist dieses Buch doch ein wichtiger Einblick für Interessierte.
Buchtipps:
1: Hans Weiss/Ingeborg Lackinger Karger: "Schönheit. Die Versprechen der Beauty-Industrie",Deuticke Verlag, ISBN 978-3-552-06175-0, 18,40 Euro.
2: Sabine Wilhelm: "Fühl dich schön!", Huber Verlag, ISBN 978-3-456-84925-6, 25,70 Euro.