In der amerikanischen Öffentlichkeit stiften die Luftschläge gegen das syrische Regime eine Mischung aus Beifall und Verwirrung.
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Washington/PalmBeach. So schnell kann’s oft gehen. Wiewohl streng konservativ, zählt der "Weekly Standard" nicht eben zu jenen Blättern, denen man einen Schmusekurs mit dem Weißen Haus vorwerfen kann. Das 1995 gegründete Wochenmagazin gilt von jeher als Sprachrohr der sogenannten "Neocons", der amerikanischen Neo-Konservativen, die jede Politikinitiative zuerst daran messen, ob sie der globalen Vormachtstellung der USA dienlich ist oder nicht.
Während des vergangenen Wahlkampfs hatten sich seine Kommentatoren als teils lautstarke Trump-Skeptiker hervorgetan. Die nationalistische, isolationistische Rhetorik des Ex-Reality-TV-Stars war ihnen, die bis heute Leute wie die für den Irak-Krieg maßgeblich verantwortlichen Condoleezza Rice und Dick Cheney für ihre immerwährende Bereitschaft zum Interventionismus verehren, ein Dorn im Auge. Seit der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat es mit diesem Skeptizismus des "Weekly Standard" gegenüber Trump ein Ende.
Alles, was es dazu brauchte, waren 59 Raketen, abgeschossen kurz vor vier Uhr morgens Ortszeit Damaskus von den im östlichen Mittelmeer kreuzenden Flugzeugträgern "USS Ross" und "USS Porter". "Bisher war er nur der Präsident, aber nicht der Oberbefehlshaber. Endlich hat er seine Rolle als Führer der freien Welt akzeptiert", jubelte zwei Stunden später der Ex-Diplomat Elliott Abrams - als ehemaliger enger Mitarbeiter von Ronald Reagan und George W. Bush quasi eines der wandelnden Sinnbilder des traditionellen Establishments der Republikanischen Partei - in der Online-Ausgabe des Magazins.
Wenn Donald Trump mit seiner Entscheidung, als Reaktion auf den Einsatz von Giftgas durch offenbar Assad-treue Soldaten einen Flugplatz in Syrien zu bombardieren, jemandem eine Freude gemacht hat, dann Leuten wie Abrams. Ausgerechnet Trumps feurigste Anhänger tun seinen Neocon-Stamm doch nur zu gern als "Globalisten" ab, die die USA in der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts mit ihrem Drang zum humanitär verbrämten Interventionismus angeblich an den Rand des Ruins gebracht haben.
Applaus der Eliten
Verstärkt wurde der Applaus der alten konservativen Eliten für den Militäreinsatz durch den Rest der Medien. Von Trumps Haus- und Hofsender Fox News über die Kommentatoren der drei großen Networks ABC, NBC und CBS bis zur "New York Times" fanden die Luftschläge gegen Syrien teils gehemmte, aber prinzipiell uneingeschränkte Zustimmung. Tenor: Trump habe angesichts der Folgen des Giftgaseinsatzes regierungstreuer Truppen in Khan Sheikoun "mit dem Herz entschieden", weil er dem "Leid der syrischen Kinder nicht tatenlos zuschauen wollte und konnte".
Die Frage, wie das mit der rigiden Einwanderungspolitik seiner Administration einhergeht, die genau diesen leidenden Kindern und ihren Eltern jegliche Chance auf politisches Asyl in den USA nimmt, ging, zumindest in den ersten Reaktionen, unter. Tatsache ist, dass der Militäreinsatz im Reich Assads - von dem die russische Regierung erfuhr, noch bevor das Weiße Haus das Abgeordnetenhaus und den Senat informierte - in politischer Hinsicht zu einem für Trump extrem günstigen Zeitpunkt gekommen. In den elf Wochen seiner Amtszeit gab es mit Ausnahme des Tages nach seiner Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses praktisch keinen einzigen Zeitpunkt, in dem er und seine Regierung nicht unter massiver Kritik standen. Davon abgesehen, dass der Präsident mit der Syrien-Aktion die untereinander schwer zerstrittenen Fraktionen der Republikanischen Partei zumindest kurzfristig eint - an denen zuletzt die Abschaffung von Obamacare scheiterte -, verschafft sie ihm auch außenpolitisch eine kleine, aber signifikante Verschnaufpause.
Der Umstand, dass die Luftschläge zum Zeitpunkt des Besuchs von Chinas Präsident Xi Jinping erfolgten, ging ebenfalls nicht spurlos an der öffentlichen Wahrnehmung vorbei. Praktisch seit Trumps Amtsantritt verweisen er und sein Außenminister Rex Tillerson beständig auf das Problem Nordkorea, dessen Regime seine Nachbarländer mittlerweile in beängstigender Regelmäßigkeit nicht mehr nur mit kryptokommunistischer Kampfrhetorik, sondern mit Raketentests provoziert. Wie jetzt folgerichtig unter anderem die "Washington Post" ausführte, dient der Schlag gegen Assad so auch als Warnung an den Rest der Welt, dass Trump jederzeit losschlagen könnte.