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Wenn das Pentagon zahlt

Von Bettina Figl

Politik

Die Universitäten sind immer stärker auf Drittmittel angewiesen, doch woher das Geld für die Forschung kommt, bleibt oft im Dunkeln.


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Wien. Eine speziell geformte Betonplatte wird am Boden ausgehärtet, ein Luftpolster aufgeblasen, innerhalb weniger Stunden krümmt sich der Beton zu einer stabilen Schale. Diese Bautechnik wurde von Forschern der TU Wien entwickelt, und die Liste der an der Lizenz interessierten Unternehmen ist lang. Die ÖBB-Infrastruktur AG will die neue Technologie beim Bau der Koralmbahn anwenden. Ohne externe Geldgeber hätte dieses Projekt nie realisiert werden können; es läuft auf zwei Jahre und wird von der österreichischen Forschungsgesellschaft FFG mit 340.000 Euro finanziert. Zwei Jungforscher haben dadurch eine Stelle, wenngleich auf Zeit.

Drohnen-Forschung

So viel Transparenz bei der Vergabe von Drittmitteln ist nicht selbstverständlich. Als der NDR Ende 2013 aufgedeckt hat, dass deutsche Unis Gelder von dem US-Verteidigungsministerium und dem Pentagon bekommen haben, um etwa über Sprengstoff zu forschen, ist im Nachbarland eine Debatte über mehr Transparenz bei den Drittmittelprojekten ausgebrochen. Inzwischen haben einige deutsche Bundesländer ihre Hochschulgesetzte geändert; auf Anfrage müssen die Geldflüsse nun offengelegt werden. Und dadurch entstehen interessante Einblicke: So soll etwa die Uni Braunschweig mehr als 100.000 Euro bekommen haben, um Gefechtsköpfe und Langstreckenraketen zu erforschen, die meist nuklear bestückt sind. 40.000 Euro flossen in die Drohnen-Forschung.

Österreichische Unis können sich weiter bedeckt halten, welche Unternehmen ihre Uni-Projekte finanzieren, oft sind sie dazu sogar vertraglich verpflichtet. Denn die Auftraggeber - darunter Pharmakonzerne, Automobilhersteller oder eben die Militärindustrie - verlangen Stillschweigen und sanktionieren die Nichteinhaltung mit Geldstrafen. Dadurch soll das geistige Eigentum geschützt und die Konkurrenz - aber auch die Öffentlichkeit - im Dunkeln gelassen werden.

Das wirft die Frage auf, ob diese Praxis mit dem wissenschaftlichen Ethos und Selbstverständnis einer öffentlich finanzierten Uni vertretbar ist. Doch die Unis sind auf die externen Finanzgeber angewiesen: Ohne Drittmittel kommen sie bei der Forschung nicht mehr weit, da das Globalbudget für die Forschung nicht mehr ausreicht (siehe Wissen). Es ist ein Wettstreit darüber ausgebrochen, wer am meisten Drittmittel auftreibt. Der Professor, der Mittel an Land zieht, erzielt zwei Prozent Prämie und genießt das Ansehen der Scientific Community. Zwar sind Drittmittel per se noch kein Garant für gute Forschungsergebnisse, doch wird ein Projekt beispielsweise vom FWF bewilligt, ist das ein Zeichen für die Qualität des Projekts.

"Es ist eher ein Qualitätsausweis als Basisförderung - trotzdem ist die Basisfinanzierung wichtig, denn nur so können Mittel für den akademischen Nachwuchs gewährleistet werden", sagt der Hochschulforscher Hans Pechar. Derzeit hat fast ein Viertel der Uni-Mitarbeiter befristete Verträge, junge Wissenschafter sind fast immer nur für die Laufzeit eines Projekts angestellt.

Bewährungszeit für Forscher

Am Montag hat Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner angekündigt, die Arbeitsbedingungen für Forscher an den Unis verbessern zu wollen; ihm schwebt ein "Tenure Track"-System wie in den USA vor: Hier wird Forschern nach einer Bewährungszeit eine unbefristete Stelle garantiert. Im Vorfeld der anstehenden Verhandlungen der Leistungsvereinbarungen zwischen Unis und Bund haben die Senatsvorsitzenden wiederholt, wie wichtig Planungssicherheit für die Unis ist. Sie forderten die Regierung auf, "endlich Strukturreformen in Gang zu setzen, um die Finanzierung und das zufriedenstellende Angebot von Wissenschaft und universitärer Lehre nachhaltig zu sichern".

Das Ziel sind zwei Prozent des BIP für den tertiären Sektor bis 2020. Auch Tilmann Märk, Rektor der Uni Innsbruck, warnt vor einer drohenden Unterfinanzierung ab 2016: "Bei den Drittmitteln ist der Plafond erreicht." Die Kürzung der Bundesmittel würde die Uni in eine "schwierige Situation" bringen, die nicht mehr durch eine Erhöhung des Drittmittelanteils ausgeglichen werden könnte. An der Uni Innsbruck haben sich die Drittmittel von 23,3 Millionen (2006) auf 40,7 Millionen Euro verdoppelt (2013), inzwischen beträgt sie 50 Millionen Euro pro Jahr (von insgesamt 260 Millionen Gesamtbudget).

Das ist kein Einzelfall, vor allem die Zahl der über Drittmittel finanzierten Mitarbeiter ist rasant angestiegen; um 80 Prozent in zehn Jahren. "Die Situation der jungen Forscher hat sich, auch aufgrund der Kettenverträge, sehr verschlechtert", sagt Pechar. Es habe eine Verschiebung stattgefunden, schließlich handle es sich auch bei den FWF-Mitteln um öffentliche Gelder.

Drittmittel sind Gelder, die Unis nicht aus dem Globalbudget beziehen, das ihnen im Rahmen der Leistungsvereinbarungen durch den Bund zugeteilt wird, sondern von Unternehmen, dem Wissenschaftsfonds FWF oder der EU. Man unterscheidet zwischen der prestigeträchtigeren Antragsforschung, bei der Professoren ihre Projekte beim FWF oder der EU einreichen, und der Auftragsforschung, wo meist Unternehmen mit ihren Projekten auf die Universitäten zukommen. Die Leistungsvereinbarungen für 2016 bis 2018 müssen bis Ende des Jahres 2014 feststehen, bis Ende 2015 erfolgt dann die Aufteilung auf die einzelnen Universitäten.

Quellen: NDR Info im November 2013 aufgedeckt, dass Drittmittelprojekte vom US-Verteidigungsministerium bezahlt wurden.

Mit diesem Bericht der "Wiener Zeitung" wurde bekannt, dass das Pentagon auch Forschungsprojekte an allen größeren Hochschulen sowie der außeruniversitären Akademie der Wissenschaft in Österreich bezahlt. Der Bericht hat eine politische Debatte über Transparenz bei der Vergabe von Drittmitteln entfacht. Erste Aufschlüsse über die Strategie des US-Militärs gibt ein Strategiepapier der US-Luftwaffe, das der "Wiener Zeitung" vorliegt.

Inzwischen hat NDR Info auch über die Lage in Österreich berichtet.

Dieser Beitrag des Radiosenders Deutschlandfunk gibt einen Überblick über die Lage in Deutschland.