Zertifikate-Rückkauf bei MEL sollte asiatischem Immo-Riesen Einstieg als Partner ermöglichen. | CapitaLand spitzte 2007 auf eine MEL-Beteiligung von 20 bis 30 Prozent. | Abverkauf bei den Ex-Meinl-Firmen Power und Airports könnte sich in die Länge ziehen. | "Wiener Zeitung": Für die Beteiligungen der früheren Meinl-Firmen Airports (jetzt kurz AI) und Power (PI), die nun auf Wunsch der Anleger liquidiert werden, soll es bereits jeweils 30 Interessenten geben. Bis wann könnte der Abverkauf aus Ihrer Sicht abgeschlossen sein? | Peter Weinzierl: Das rege Interesse zeigt, dass das Portfolio von PI und AI tatsächlich attraktiv ist.
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Die 14 PI-Beteiligungen sind sicher einfacher zu verkaufen als die sieben AI-Beteiligungen. PI hat mehr kleinere Investments gemacht, die schon deshalb marktgängiger sind. Noch dazu hat PI einige Investments im Bereich Alternativenergie, der mit Zukunftspotenzial gesehen wird und in den noch immer viel Geld fließt.
Dennoch: Wenn ich mich in die Lage eines Board-Mitglieds der PI versetzen müsste, würde ich mich höchst ungern auf das Jahresende 2009 festlegen lassen. Es könnte machbar sein, aber da muss man sich wirklich extrem ins Zeug legen und dann auch Abstriche bei den Preisen machen. Wahrscheinlicher wäre Mitte 2010, wirklich realistisch aber Ende 2010.
Bei AI wird sich der Abverkauf wohl wesentlich länger hinziehen, weil der Markt derzeit schwierig ist. Die Airline-Branche wird sich zumindest nach allgemeiner Einschätzung nicht vor dem Jahresende 2010 zu erholen beginnen.
Der Meinl Bank wird vor allem in Zusammenhang mit dem externen Management ihrer einstigen Firmen-Konstrukte Gebührenschinderei auf Kosten der Anleger vorgeworfen. Mit dem Rebellen-Board der AI steht die Bank deshalb in einem Rechtsstreit. Welche Argumente haben Sie hier parat?
Die Vorwürfe wegen überhöhter Management-Gebühren halte ich für nicht berechtigt. Die Gebühren waren marktüblich, sie stehen alle im Prospekt drin. Und: Es wurde niemand mit vorgehaltener Pistole gezwungen, Airports- oder Power-Zertifikate zu kaufen. Die jetzige Situation ist so, wie wenn Sie in ein Lokal gehen, wo das Schnitzel mit 40 Euro auf der Speisekarte steht, Sie´s bestellen und essen und dann einen Streit anfangen, indem Sie sagen, dass Sie aber nur 20 Euro zahlen wollen. Wenn man dieses Prinzip zulässt, stellt man das gesamte Finanzsystem in Wirklichkeit in Frage. Denn jede dieser fondsähnlichen Strukturen kommt mit einem Gebührenmodell. Die Leute müssen das Produkt ja nicht kaufen. Außerdem können wir belegen, dass die Gebühren der Meinl Bank unter dem beziehungsweise im Marktdurchschnitt lagen und daher keinesfalls überhöht waren.
Der Finanzskandal, der das Haus Meinl ab August 2007 in schiefes Licht gerückt hat, wurde durch einen Zertifikate-Rückkauf bei Meinl European Land (MEL, jetzt Atrium Real Estate, Anm.) ausgelöst. Was sollte der im Nachhinein höchst umstrittene Rückkauf bezwecken? Dass der Kurs tief in den Keller geht, sollte dabei ja wohl nicht herauskommen.
Da muss ich etwas ausholen. Es ging darum, nach Jahren extrem starken Wachstums einen strategischen Partner zu finden. Schon im zweiten Halbjahr 2006 gab es Gespräche mit großen internationalen Immobilien-Gruppen, die jedoch zu keinen besonderen Ergebnissen geführt haben. Ab Mitte Februar 2007 liefen dann sehr konkrete Gespräche mit einem der größten asiatischen Immobilienentwickler.
Wer war das?
Eine Gruppe aus Singapur namens CapitaLand. Die wollte sich mit 20 bis 30 Prozent an MEL beteiligen. Nun hätte es die Möglichkeit gegeben, diese Gruppe über eine weitere Kapitalerhöhung an Bord zu holen. In kritischen Analysten- und Medienberichten wurde damals aber wiederholt geschrieben, MEL hätte zu viele Kapitalerhöhungen gemacht: Wozu brauchen die so viel Cash?
Daher war die Überlegung des MEL-Boards die, CapitaLand lieber alte MEL-Zertifikate zu geben statt nochmals eine Kapitalerhöhung abzuwickeln. Zu diesem Zweck wurde begonnen, eigene Zertifikate zurückzukaufen und ein Paket anzusammeln. Die Gespräche mit CapitaLand sind dann während der ersten Jahreshälfte 2007 weitergegangen.
Warum war gerade CapitaLand für MEL so interessant?
Das MEL-Board war damals der Meinung, dass es aufgrund des Marktumfelds immer schwieriger wird, wirklich gute Projekte auf die Beine zu stellen - ausschließlich mit Handelsimmobilien. Man hat gemeint, man müsse sich verbreitern. Vor allem asiatische Immobilienentwickler gehören zu den besten der Welt, wenn es darum geht, auf knappen Flächen etwas hinzustellen - unten eine Handelsimmobilie mit einem Büroturm oben drauf. Außerdem wollte CapitaLand unbedingt nach Russland, in einen der Schlüsselmärkte der MEL.
Hätte CapitaLand nicht selbst an der Börse aktiv werden können, um MEL-Anteile zu erwerben?
Die wollten nicht an der Börse kaufen. Warum? Sie wollten ja 20 bis 30 Prozent, und die hätten sie über die Börse vermutlich nicht bekommen, auch der Kurs wäre ihnen davongelaufen. Das war zu einer Zeit, als es noch nach oben ging. Deshalb hat sich das MEL-Board gedacht: Wir können den inneren Wert unserer Gesellschaft gut einschätzen. Wenn wir Zertifikate zurückkaufen, haben wir den Pool von Anteilen, die wir CapitaLand dann weiterreichen. Und wenn es mit CapitaLand nicht klappen sollte, haben wir die Anteile noch immer unter dem inneren Wert (günstig, Anm.) zurückgekauft. Aus MEL-Sicht war damit kein Risiko verbunden - und deshalb wurde diese Vorgangsweise gewählt. Rückblickend betrachtet, hätte man´s wohl geschickter machen können.
Warum ist aus dem Deal mit den Asiaten letztlich nichts geworden?
CapitaLand war noch im Herbst 2007, als der MEL-Kurs bereits stark gefallen war, bereit, im Rahmen einer Wandelanleihe, die auf die rückgekauften Zertifikate zu deren Kaufpreis wandelbar gewesen wäre, einzusteigen. Im Zuge der allgemeinen Aufregung (rund um das Haus Meinl, Anm.) und des weiteren Kursverfalls ist der Einstieg dann geplatzt.
Themenwechsel: Sie selbst sind neben Ihrem Arbeitgeber Julius Meinl V. und anderen Personen einer der Beschuldigten im Fall Meinl. Im Februar kam es zu einer Razzia an Meinl-Standorten. Die Staatsanwaltschaft sagt, sie hätte gutes Material gefunden. Warum ist es der Justiz - eineinhalb Jahre nach Auffliegen der Affäre - gar so leicht gemacht worden?
Wir haben mit allen Behörden immer offen kommuniziert. Es hat schon vor den Hausdurchsuchungen einen Fluss von Unterlagen, die angefordert wurden, an die Staatsanwaltschaft gegeben. Ich wäre mir jetzt nicht irgendwelcher Dokumente bewusst, wo wir gesagt hätten: Nein, die geben wir Euch nicht. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, dass sehr interessante Unterlagen gefunden worden wären, kam ja sogar schon am gleichen Tag der Razzia, als noch nicht einmal die Kisten weggebracht worden waren.
Zu dem Zeitpunkt war es sicher nicht möglich zu beurteilen, was da überhaupt mitgenommen wird. Aus unserer Sicht ist es schwer vorstellbar, dass hier gutes Material gefunden wurde, weil wir glauben, dass es kein gutes Material gibt. Und zwar nicht, weil das gute Material schon vernichtet wurde, sondern weil es in der Causa nie gutes Material im Sinne der Staatsanwaltschaft gegeben hat.
Wie geht´s eigentlich Herrn Meinl nach seinem Kurzausflug in die Zelle? Haben Sie Kontakt zu ihm? Was macht er derzeit?
Es gibt nach wie vor eine Bank, die lebt und geführt werden muss. Herr Meinl hat sich aus dem Vorstand zurückgezogen (Ende 2007, Anm.) und ist jetzt im Aufsichtsrat tätig. Es ist auch für mich sehr wertvoll, mit ihm gewisse Ideen zu Geschäften und dergleichen zu diskutieren. Das war für ein paar Tage nach seiner U-Haft nicht so, aber da ist er jetzt wieder gänzlich aktiv. Er hält sich derzeit in Österreich auf. Ich gehe davon aus, dass er schon bald darum ansuchen wird, dass er seine Reisetätigkeit ins Ausland wieder aufnehmen kann, weil seine beruflichen Interessen das erfordern. Man wird sehen, ob das gewährt werden wird oder nicht (Meinls Pass ist derzeit bei der Justiz hinterlegt, Anm.).
Ende April könnte der Endbericht des Gerichtsgutachters vorliegen. Rechnen Sie bereits fix mit einem Prozess?
Ich gehe immer noch davon aus, dass man darauf hinarbeiten wird, dass das Verfahren eingestellt wird, bevor es überhaupt zu einem Gerichtsverfahren kommt. Das ist nach wie vor das Ziel.
Gibt es Pläne, die Bank angesichts dessen, was in der Causa Meinl noch alles an Unannehmlichkeiten kommen könnte, zu verkaufen?
Nein, definitiv nicht. Herr Meinl (ist Eigentümer, Anm.) hat bisher auch nie Andeutungen in Richtung eines Verkaufs gemacht. Gäbe es diese Pläne, wäre der Vorstand darüber informiert. Im Übrigen geht es der Bank trotz allem erstaunlich gut.
Noch kurz zu Karl-Heinz Grasser: Als externer Manager kehrt er PI den Rücken. Wird ihm die Meinl Bank einen neuen Job anbieten?
Ich glaube nicht, dass das etwas ist, was er selbst sogar in Erwägung zieht. Außerdem sind wir gerade dabei, die Personalzahlen (aktuell 145 Mitarbeiter, Anm.) nochmals leicht zu reduzieren. Wir sind nicht in der Phase, neue Mitarbeiter - Herrn Grasser eingeschlossen - aufzunehmen. Man muss jetzt beruhigen und nicht unbedingt erneut polarisieren.
Peter Weinzierl, geboren 1965 in Wien, ist seit 17 Jahren für die Meinl Bank tätig. In den Vorstand zog der studierte Jurist und Wirtschaftsinformatiker 1999 ein. Mit dem Wechsel von Julius Meinl V. an die Spitze des Aufsichtsrats wurde ihm per 1. Jänner 2008 die Funktion des Vorstandssprechers übertragen.