Folgte auf Völkermord an Tutsi in Ruanda ein zweiter an Hutu im Kongo? | Ruanda droht, Blauhelme aus Sudan abzuziehen. | Kigali/Wien. Frauen werden massenhaft vergewaltigt, Dorfbewohner mit Macheten niedergemetzelt, Flüchtlinge erschossen: Ein UN-Bericht dokumentiert nun die Verbrechen, die sich zwischen 1993 und 2003 im Kongo abspielten. Der Bericht sollte eigentlich erst im Oktober erscheinen, doch ist er schon durch eine undichte Stelle an die Öffentlichkeit gelangt.
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Und er sorgt bereits für diplomatischen Wirbel. Ruandas Präsident Paul Kagame ist extrem erzürnt und droht der UNO, wegen des Berichts Friedenstruppen aus dem Sudan zurückzuziehen. Denn eine der beschuldigten Parteien ist die ruandische Armee. Laut der UN-Dokumentation verübte sie im Kongo Massaker an Hutu, die vor Gericht vielleicht sogar als Völkermord eingestuft werden könnten.
Damit wäre auf den ersten Völkermord ein zweiter gefolgt. 1994 hatten in Ruanda Hutu-Milizen rund 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu ermordet. Kagame stürzte schließlich mit einer Tutsi-Rebellenarmee das Hutu-Regime. Etwa eine Million Hutu floh daraufhin aus Angst vor Racheakten in den benachbarten Kongo. Unter ihnen waren auch viele Anführer des Genozids an den Tutsi. Die Mörder gründeten im Kongo neue Hutu-Milizen.
Ruandas Armee und verbündete Rebellengruppen verfolgten die Hutu-Milizen, die sich in Flüchtlingslagern verbargen. Doch laut dem UN-Bericht wurden nicht nur Hutu-Kämpfer gejagt, sondern auch wahllos Kinder, Frauen und ältere Menschen niedergemetzelt.
Der Bericht kratzt am Ruf von Kagame. Er galt in der internationalen Gemeinschaft als Retter Ruandas, dem es zu verdanken war, dass das traumatisierte Land wieder befriedet wurde. Nun taucht auch das Bild eines Rächers auf.
Ban versucht, Kagame zu beruhigen
Ruanda bezeichnet die Beschuldigungen als "boshaft und lächerlich". Sollte das Land seine Drohung wahrmachen und tatsächlich seine Blauhelmsoldaten aus dem Sudan zurückzuziehen, wäre das ein schwerer Schlag für die UNO. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ist am Mittwoch nach Ruanda gereist, um Kagame von diesem Schritt abzuhalten.
Nun wird spekuliert, dass bis zur Veröffentlichung vielleicht noch das Wort Völkermord aus dem Bericht verschwindet, um Ruanda zu beruhigen. Wahrscheinlich wurde aber die Dokumentation genau deshalb der Öffentlichkeit vorab zugespielt, um das zu verhindern.
An dem Bericht arbeiteten etwa 20 Ermittler, die Bildmaterial auswerteten und mehr als 1000 Zeugen befragten. Ruandas Armee ist bei weitem nicht die einzige beschuldigte Partei. Im Kongo wütete von 1996 bis 2003 ein Bürgerkrieg, etwa drei Millionen Menschen starben durch Hunger, Seuchen oder Massaker. Verschiedene afrikanische Länder wie Angola, Burundi oder Simbabwe mischten in dem Konflikt mit. Hinzu kamen lokale Milizen und Rebellen. Sie alle begingen schwere Verbrechen an der Zivilbevölkerung.