Lufthansa und Adidas wurden kürzlich Opfer von einer Flut an Kritik im Web.
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Wien. Adidas und Lufthansa sind nur zwei prominente Beispiele von Unternehmen, die zuletzt von einem Sturm der Entrüstung im Internet getroffen wurden. Adidas musste Pläne für einen Sportschuh mit Plastik-Fußketten zurückziehen, weil die Entwürfe von Kritikern als rassistisch bezeichnet wurden - sie erinnerten an Fußfesseln, die Sklaven früher in den USA tragen mussten. Der Lufthansa wurde eine sexistische Werbekampagne zum Verhängnis: In einem fiktiven Brief mit der Anrede "Lieber Schatz" und einem Kussmund bat eine fiktive Frau die Kunden des Bonusprogrammes "Miles and More" um eine Partnerkarte.
Schnell und auf Augenhöhe reagieren mindert Schaden
Solche Aufregung - geschürt und verbreitet im Internet - kann für ein Unternehmen zur Reputationskrise werden, warnt Judith Denkmayr von der Wiener Social-Web-Agentur Digital Affairs. Dieses Phänomen wird als Shitstorm bezeichnet: Unter diesem Begriff wird eine massenhafte öffentliche Entrüstung verstanden, bei der sich sachliche mit unsachlicher Kritik vermischt, erklärt Florian Schleicher, Berater bei der Social-Media-Agentur vi knallgrau in Wien. Die Aufregung werde im Web "hochgekocht" und lande auch in den klassischen Medien wie in Zeitungen, fügt Denkmayr hinzu.
Der Begriff wird derzeit inflationär gebraucht - vieles wird als Shitstorm bezeichnet, was gar keiner ist. "Im Internet geäußerte Kritik ist noch kein Shitstorm", sagt Schleicher. Die Internetöffentlichkeit reagiere auf den kleinsten Fauxpas von Firmen, warnt er.
Beide Social-Media-Experten raten Unternehmen davon ab, die Entrüstung im Netz zu ignorieren. Ziel sei ja eine langfristige Beziehung mit den Nutzern. Am wichtigsten sei, schnell zu reagieren, weil sich solche Reputationskrisen rasch verbreiten können. Mit einer zeitnahen Reaktion kann größerer Schaden für das Unternehmen verhindert werden.
In ihrer Reaktion müssen Firmen den richtigen Ton treffen und etwaige Fehler zugeben. Das bedeutet, die Kritik ernst zu nehmen und nie mit Plattitüden zu reagieren. Zudem sollten die Unternehmensvertreter auf einer Augenhöhe mit den Kritikern kommunizieren und nicht von oben herab - das könnte die Empörung noch einmal verstärken.
Nie kritische Kommentare auf Facebook löschen
Niemals dürfen kritische Kommentare oder Videos, etwa auf der Facebook-Seite, gelöscht werden. "Es wird Unternehmen übel genommen, wenn sie etwas zu verbergen versuchen", sagt Denkmayr. Vielmehr gelte es, transparent zu kommunizieren und die Ursache für die Entrüstung in den Griff zu bekommen.
Weil Shitstorms oft am Wochenende oder abends ausbrechen, wenn viele Nutzer im Internet surfen, sollte ein Mitarbeiter im Blick haben, was im Internet über das Unternehmen gesprochen wird. Der Administrator der Facebook-Seite sollte sofort bei der betroffenen Abteilung Alarm schlagen, wenn kritische Kommentare überhand nehmen.
"Die Zeiten, als man Praktikanten für die Social-Media-Betreuung eingesetzt hat, sind vorbei", warnt Denkmayr. Zudem sollten die Mitarbeiter gut ausgebildet sein: "In vielen Fällen ist die Ursache für einen Shitstorm unhöfliches oder inkompetentes Verhalten der eigenen Mitarbeiter."