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Wenn die Corona-Hilfen enden

Wirtschaft

Droht nun eine Pleitewelle, wenn der Staat seine Unterstützung für Firmen und Arbeitskräfte auslaufen lässt?


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Die Pandemie ist nach über zwei Jahren fast zum Normalzustand geworden. Auch die Corona-Hilfen der Regierung laufen langsam aus, insbesondere die viel beanspruchte Corona-Kurzarbeit endet mit März. "Das Modell der allgemeinen Kurzarbeit bleibt aber bestehen", versicherte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) am Dienstag in einer Aussendung.

Corona-Kurzarbeit läuft aus, Kurzarbeit weiter möglich

"Vergangene Woche wurde im Parlament ein Gesetz beschlossen, das es Unternehmen ermöglicht, die während der gesamten Pandemie in Kurzarbeit waren, nach Auslaufen der Corona-Kurzarbeit für weitere zwei Monate die allgemeine Kurzarbeit zu nutzen", erklärt Kocher. Damit soll besonders betroffenen Unternehmen ein sanfter Ausstieg aus der Corona-Kurzarbeit und Planungssicherheit ermöglicht werden, betont der Arbeitsminister.

Laut einer aktuellen Insolvenzhochrechnung des KSV1870 waren im ersten Quartal 2022 in Österreich 1.011 Unternehmen von einer Insolvenz betroffen. Das entspricht einem Anstieg von 110,2 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.

KSV1870: Pleiten steigen auf Vor-Krisen-Niveau

"Die aktuellen Zahlen befinden sich in etwa auf ‚Vor-Krisen-Niveau‘, womit zwei Jahre nach Beginn der Corona-Krise eine gewisse Stabilität im heimischen Insolvenzgeschehen erreicht wurde", erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz dazu via Pressemitteilung.

Götze gibt allerdings zu bedenken, dass die eineinhalb Jahre lang niedrige Anzahl der Insolvenzen auch der staatlichen Unterstützung zu verdanken war. Nun müsse sich zeigen, wie "stabil das wirtschaftliche Fundament" der Unternehmen tatsächlich sei. Der Großteil der staatlichen Eingriffe ist bereits mit September 2021 ausgelaufen, infolgedessen haben sich die Insolvenzen Ende 2021 langsam erhöht.

Laut KSV1870 gab es im ersten Quartal 2022 die meisten Pleiten im Bereich "Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen", gefolgt von der Bauwirtschaft und dem Gesundheits- und Sozialwesen. Knapp dahinter befindet sich "Beherbergung und Gastronomie".

Alle neun Bundesländer verzeichnen laut der KSV1870-Statistik mehr Unternehmensinsolvenzen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, was "Nachholeffekten" geschuldet sei, heißt es. Allerdings führt Tirol in den ersten drei Monaten des Jahres mit den meisten Firmenpleiten (80) vor Vorarlberg und Niederösterreich. Mit den Unternehmensinsolvenzen hat sich auch die Zahl der betroffenen Dienstnehmer erhöht, heißt es dann weiter. Waren im ersten Quartal 2021 rund 1.500 Menschen von einer Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen, so sind es heuer 3.000 Personen, was genau der Verdopplung der Anzahl der Insolvenzfälle selbst entspräche.

Angesicht der derzeitigen Krisensituationen sei eine seriöse Einschätzung der Insolvenzen für die kommenden Monate jedoch nur mit großer Vorsicht zu betrachten, betont der KSV1870.

Wifo: Keine große Insolvenzwelle in Sicht

Beim Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo sieht man jedenfalls keine große Insolvenzwelle herandräuen, meint Konjunktur-Experte Stefan Schiman im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Zwar seien die Insolvenzen Gegenstand eines noch laufenden Projektes, aber: "Wir sehen aktuell nicht, dass eine Insolvenzwelle kommt."

Die Industrie habe sich sehr gut von den Corona-Einbrüchen erholt, erklärt er weiter. Sogar der besonders stark von den Pandemie-Folgen betroffene Bereich Dienstleistungen, und hier besonders der Tourismus mit Gastronomie und Beherbergung, hat seit Ende Dezember 2021 einen kräftigen Aufschwung verzeichnet. "Hier erwarten wir weiterhin eine gute Nachfrage, jedenfalls wenn massive Schocks auf die Wirtschaft ausbleiben", so der Wifo-Experte. "Es scheint also nun der richtige Zeitpunkt zu sein, die Hilfen auslaufen zu lassen", resümiert Schiman.

WKO: Von Corona-Hilfen zu Energie-Entlastungspaket

"Wie sich die Insolvenzstatistik weiter entwickeln wird und welche Rolle das Auslaufen von Hilfen hier spielt, ist schwer vorherzusagen. Die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine machen eine seriöse Einschätzung zum jetzigen Zeitpunkt schwierig", heißt es auch vonseiten der Wirtschaftskammer (WKO) auf WZ-Nachfrage vorsichtig.

Zwar würde ein Großteil der Hilfen mit 31. März auslaufen, die Corona-Kurzarbeit habe jedoch bis Ende Mai verlängert werden können, betont man und erklärt: "Wir setzen uns dafür ein, dass besonders betroffene Branchen über den 31.3. Unterstützung erhalten."

Im Hinblick auf die derzeit enorm steigenden Energiekosten habe die Regierung zwar bereits ein Hilfspaket vorgestellt. Dies könne aber nur ein erster Schritt sein. Gemeinsam mit den anderen Sozialpartnern habe die WKO der Bundesregierung daher ein zusätzliches Entlastungspaket übermittelt, das weitere Abfederungsmaßnahmen enthält, heißt es dann abschließend. (mojo)