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Wenn die Gastgeberin mitstreitet

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Der Gewerbeverein lud zur KMU-Diskussion. Debattiert wurden jedoch die üblichen Streitthemen: Bildung und Vermögenssteuer.


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Der Mittelstand - eine verkannte Macht? Zumindest eine unterrepräsentierte. Dafür dass die mittelständische Wirtschaft knapp zwei Millionen Menschen beschäftigt und sich fünf von acht Österreicher zum Mittelstand zählen, ist dieses Segment der Bevölkerung im Nationalrat deutlich unterrepräsentiert- findet jedenfalls Margarete Kriz-Zwittkovits. Die Präsidentin des Österreichischen Gewerbevereins ÖGV) lud daher Vertreter der kandidierenden Parteien am Montagabend zu einer Diskussionsveranstaltung in Wien, um die Frage zu stellen: "Wie hältst du’s mit dem Mittelstand?"

Gekommen waren für die SPÖ Ex-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter, für die ÖVP der Direktor des Wiener Wirtschaftsbundes Alexander Biach, Reinhard Pisec, Präsident der FPÖ-Organisation Pro Mittelstand, Volker Plass von der Grünen Wirtschaft, Christian Ebner von den BZÖ-Unternehmern, für das Team Stronach der Unternehmer Gerhard Weiss und für die Neos Niko Alm. Laut Kriz-Zwittkovits sollte es dabei in der Beletage des Gewerbevereins "nicht um Ideologie, sondern um punktuelle Vorschläge" gehen. Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieses Ziel wurde klar verfehlt - wofür in erster Linie die Veranstalter verantwortlich waren.

Bei den einleitenden Statements waren sich die Diskutanten noch einigermaßen einig: Die Klein- und mittleren Unternehmen (KMU) in Österreich leiden unter zu viel Bürokratie und zu hohen Belastungen. Hier hätte sich nun eine schöne Debatte über konkrete Maßnahmen ergeben können. Stattdessen brachte Herbert Wimberger, beim ÖGV für die KMU zuständig, das Thema Bildung aufs Tapet - da waren die guten Vorsätze ("Vorschläge statt Ideologie") rasch vergessen. Anstatt einer Wirtschaftsdiskussion entspann sich eine Bildungsdebatte um Ganztags- und Gesamtschulen, Lehrerdienstrecht und schwarzer Blockadepolitik, wie man sie seit Monaten kennt und zuletzt am Sonntag wieder bei "Im Zentrum" im ORF verfolgen konnte. Dabei ist der Bildungsaspekt gerade für jene mittelständischen Unternehmen, die händeringend nach Fachkräften suchen, äußerst wichtig. Die völlig verfehlte Moderation durch den ÖGV ließ die Diskussion jedoch in die üblichen ideologischen Bahnen abgleiten.

Noch krasser wurde es beim Thema Steuern. Nicht, dass die tatsächliche steuerliche Belastung für die Unternehmen thematisiert worden wäre. Vielmehr legte die aus der ersten Publikumsreihe heraus fragende ÖGV-Präsidentin Kriz-Zwittkovits den Fokus auf die von der SPÖ geforderte, nicht minder ideologisch besetzte Vermögenssteuer - und ließ sich dann auch noch zu einem lautstarken Streit mit Christoph Matznetter hinreissen. Dem warf unter anderem vor, er würde sich über neue Steuern freuen, weil ihm als Steuerberater das neue Kunden bringen würde.

Letztlich musste man fast froh sein, dass sich in den angesetzten 90 Minuten das Thema Verwaltungsreform zeitlich nicht mehr ausging.