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Wenn die Ich-AG in Not gerät

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Absichern lautet die Devise unternehmerischer Einzelkämpfer. Oft helfen Freunde und Familie. Foto: fotolia

Krankheit kann Kleinunternehmer Existenz kosten. | Unbürokratische Hilfe von der Wirtschaftskammer. | Wien. Eigene Ideen verwirklichen, sein eigener Chef sein, sich nicht mehr mit unguten Kollegen herumstreiten müssen, sich die Zeit selbst einteilen können: Der Sprung in die Selbständigkeit bedeutet für viele die große Freiheit. Eine längere Krankheit oder ein Unfall können aber schnell die unternehmerische Existenz gefährden.


Besonders Ein-Personen-Unternehmen, die sich keine Angestellten leisten können, brauchen ein dicht geknüpftes Sicherheitsnetz für den Fall, dass sie ihre Arbeitsleistung nicht erbringen können.

Es kann oft schnell gehen: Die Wiener Buchhändlerin Martina Bartalszky wurde im Oktober 2009 auf dem Zebrastreifen von einem Auto angefahren und war daraufhin lange Zeit außer Gefecht. "Ich konnte drei Monate nicht arbeiten, und das ausgerechnet in der umsatzstarken Vorweihnachtszeit", erzählt Bartalszky.

Der Retter in der Not kam in Form der Betriebshilfe der Wiener Wirtschaftskammer, die mit der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft zusammenarbeitet. Die Buchhändlerin beantragte eine Aushilfe, die sich von November bis Ende Jänner um das kleine Geschäft in der Währinger Straße kümmerte. Für Bartalszky entstanden keine Kosten.

"Wir versuchen, möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen", sagt Margit Kupfer von der Betriebshilfe Wien, die im Dezember 2005 ins Leben gerufen wurde. Monatlich sind zwischen 25 und 40 Helferinnen und Helfer bei ebenso vielen Betrieben im Einsatz. Sie haben in den vergangenen fünf Jahren an 24.900 Tagen 186.700 Einsatzstunden für die Wiener Klein- und Kleinstbetriebe geleistet.

Ersatzarbeitskräfte auch für Jungmütter

Eine Ersatzarbeitskraft kann für maximal siebzig Arbeitstage im Jahr in Anspruch genommen werden. Der Unternehmer muss bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichert sein und darf höchstens 17.887,56 Euro an Jahreseinkünften erzielen. Unterstützung gibt es nicht nur bei Krankheit und Unfall. Auch wenn Unternehmerinnen schwanger werden, können sie Betriebshilfe für acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes beantragen.

Martina Bartalszky ist froh, dass sie ihr Geschäft trotz des Unfalls weiterführen konnte. "Es haben mir auch noch mein ehemaliger Kollege und seine Frau und Freundinnen geholfen", so die Unternehmerin. "Ich habe meine Buchhandlung vor elf Jahren eröffnet, und ich habe noch nie zusperren müssen", sagt sie stolz. Ein Student springt ein, wenn sie ausspannen will. Bartalszky: "Ich gehe jedes Jahr auf Urlaub." Was tut sie, wenn sie morgens mit Halsweh und Fieber aufwacht? "Ich war noch nie ernsthaft krank, aber ich hätte immer jemanden, den ich anrufen könnte", so die Buchhändlerin. Für Selbständige sei es enorm wichtig, ein Netzwerk für den Ernstfall zu knüpfen.

Dem stimmt auch Katharina Scichilone zu. Die Wienerin handelt seit etwa drei Jahren mit von ihr selbst erfundenen versperrbaren Abstellsystemen für Tretroller. Bei ihr ist es die Familie, die ihr Rückhalt bietet, insbesondere ihre erwachsenen Söhne. "Sie können an die gesamten Unterlagen heran, deshalb habe ich noch niemanden von extern engagiert", sagt Scichilone. Auch die Schlosserwerkstatt, die ihren "Rollerstop" herstellt, und ihre Steuerberatungskanzlei zählt die Unternehmerin zu ihrem gut ausgebauten Netzwerk.

Nicht am falschenPlatz sparen

Scichilone schätzt auch die Netzwerkveranstaltungen des Forums EPU der Wirtschaftskammer Wien. Das Forum wurde 2009 gegründet und bietet Angebote, die auf die Bedürfnisse von Ein-Personen-Unternehmen zugeschnitten sind. So stehen etwa Unternehmern für Meetings mit Kunden und Geschäftspartnern Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung.

Sicherheit bietet auch eine Betriebsunterbrechungsversicherung für freiberuflich Tätige und Selbständige (BUFT), die alle namhaften heimischen Versicherer im Programm haben. Allerdings ist sie bis jetzt noch ein Nischenprodukt. "Bei der Absicherung gegen das Risiko der Betriebsunterbrechung gibt es noch großen Aufholbedarf", sagt Xaver Wölfl, Leiter Market Management der österreichischen Allianz-Gruppe. Vielen sei die Brisanz zu wenig bewusst. Schon ein mehrwöchiger Krankenstand könne einen Selbständigen in arge finanzielle Bedrängnis bringen. Aber auch eine Unterbrechung des Betriebes durch einen Sachschaden könne hohe Folgekosten verursachen.

www.forumepu-wkw.at

www.betriebshilfe.at