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Befolgungs- oder Ablehnungspflicht? | Strafgesetzliche Verantwortung. | Wien. Es ist eine verzwickte Lage: Wenn ein Beamter eine Weisung von einem Vorgesetzten bekommt, die zu einem Amtsmissbrauch führt, hat er im Grunde zwei Alternativen.
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Entweder er befolgt die Weisung und macht sich damit strafbar, oder er lehnt die Befolgung ab. In diesem Fall muss er mit einer Disziplinarstrafe wegen Gehorsamsverweigerung rechnen. "Das ist das Dilemma für öffentliche Bedienstete", brachte es Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Uni Wien, beim Führungsforum Innovative Verwaltung auf den Punkt.
Rechtswidrige Weisung
Weisungen müssen nämlich grundsätzlich befolgt werden, selbst wenn diese rechtswidrig sind. Der Beamte wird nur dann von seiner Gehorsamspflicht befreit, wenn er dem Weisungsgeber seine begründeten Bedenken in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Weisung mitteilt. Bloße Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Weisung entbinden ihn in diesem Fall nicht von der Befolgungspflicht.
Anders ist die Lage, wenn die Befolgung der Weisung gegen ein Strafgesetz verstoßen würde. "Dann entfällt der Gehorsamsanspruch des Staates", erklärte der Leiter der Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof (OGH) Werner Pürstl bei der Veranstaltung am Mittwochabend.
In diesem Fall trifft den Weisungsempfänger sogar eine Ablehnungspflicht. Andernfalls macht er sich strafbar. Dabei kann er sich nicht auf die erteilte Weisung hinausreden.
Die Unterscheidung zwischen Gehorsams- und Ablehnungspflicht stellt die Bediensteten des öffentlichen Rechts vor eine schwierige Aufgabe: Wem die Weisung des Vorgesetzten nicht ganz koscher vorkommt, der muss prüfen, ob bei der Befolgung der Weisung vielleicht "nur" rechtswidrig gehandelt wird, oder ob die Ausführung sogar gegen das Strafgesetz verstoßen würde. Dass das gerade im Fall des Amtsmissbrauchs nicht immer einfach zu beurteilen ist, darüber waren sich Kucsko-Stadlmayer und Pürstl einig.
Wo ist die Grenze?
Ein Amtsmissbrauch kann erstens einmal nur dann vorliegen, wenn die Handlung überhaupt im Kompetenzbereich des Beamten liegt. "Eine Befugnis, die der Beamte gar nicht hat, kann er auch nicht missbrauchen", erklärt Pürstl. Ein Beispiel: Wenn ein Verkehrspolizist einen Führerschein ausstellt, ist das kein Amtsmissbrauch, da die Ausstellung eines Führerscheines nicht zu seinen Kompetenzen zählt. Unabhängig vom Amtsmissbrauch wäre die Handlung natürlich nach anderen Gesichtspunkten strafbar.
Zweitens ist für den Amtsmissbrauch eine Schädigungsabsicht des Handelnden erforderlich. Wer allerdings versucht, sich damit herauszureden, dass er von der Strafbarkeit der Handlung nichts wusste, wird damit nicht davonkommen. "Das wäre ein Rechtsirrtum und damit unbeachtlich", meint Pürstl.
Die dritte Voraussetzung beim Amtsmissbrauch ist die Verletzung konkreter Rechte. Das können auch Rechte des Staates sein. Die Beurteilung ist hier nicht immer einfach. Dass der Beamte zum Beispiel die Dienst- und Verfahrensvorschriften einhält, ist laut Pürstl ein abstraktes Recht des Staates. Ein Amtsmissbrauch bei Verletzung dieser Rechte kommt deshalb nicht in Frage. Vielmehr sind solche Verstöße disziplinarrechtlich zu ahnden.
Ein konkretes Recht wird erst verletzt, wenn das Vollzugsziel durch die Handlung vereitelt wird. Wenn also etwa eine Schreibkraft bei Gericht statt Urteile abzutippen dafür eingesetzt wird, private Briefe für den Richter zu schreiben, und damit die Urteile später ausgefertigt werden können.
Wissen
Eine Weisung ist eine Rechtsvorschrift, die von einem übergeordneten Verwaltungsorgan an ein untergeordnetes Organ ergeht.
Nach Artikel 20 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz besteht grundsätzlich eine Weisungsgebundenheit in der Verwaltung. Das heißt, dass alle untergeordneten Organe verpflichtet sind, Weisungen zu befolgen. Ausnahmen gibt es etwa für Richter oder weisungsfreie Verwaltungsbehörden.
Für die Weisung gibt es keine speziellen Formvorschriften. Diese kann sowohl mündlich als auch schriftlich ergehen und muss auch nicht ausdrücklich als Weisung bezeichnet sein.