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Das Erfolgsgeheimnis im Berufsalltag der Wissensgesellschaft hört auf den Namen "Networking" - diesen Eindruck gewinnt zumindest, wer die Regale in den Buchhandlungen unter der Rubrik "wie werde ich erfolgreich" durchstöbert. Tatsächlich war ein dichtes persönliches Beziehungsgeflecht zu allen Zeiten Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg. Wie Netzwerke heute erfolgreich funktionieren, darüber diskutierten im Rahmen des 4. Trialogs von Management Club, GPK und "Wiener Zeitung" unter dem Titel net@work am Donnerstagabend Christian Domany, Generalsekretär der Wirtschaftskammer, und der Manager und Buchautor Klaus Woltron.
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Egal, ob nun Freimaurer, Rotarier, Cartell Verband, Parteibünde, "Schotten"-Absolventen, Club 45 oder wie sie auch sonst heißen mögen: "Netzwerke sind nichts anderes als Ansammlungen von kooperativen Egoisten", bringt Markus Gruber, Moderator und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur GPK, das besondere Spannungsfeld zwischen Eigen- und Fremdnutzen auf den Punkt. Zu allen Zeiten schlossen sich ehrgeizige Persönlichkeiten mit gleichen Zielen zusammen, um den beruflichen Aufstieg gemeinsam - und daher leichter - zu bewältigen. Das war früher nicht anders als heute, höchstens vielleicht, dass mittlerweile so manches Treffen vom verrauchten Hinterzimmer in die virtuelle Welt des Internet verlegt wurde. Was sich jedoch in den letzten Jahren mit den Umwälzungen in Wirtschafts- und Arbeitswelt - Stichwort Wissensgesellschaft - grundlegend geändert hat, sind der Stellenwert und die Funktionsweise beruflicher Netzwerke.
Heute gilt längst nicht mehr das alte Sprichwort vom Wissen, das Macht bedeutet, ist sich Christian Domany, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, sicher. Und er muss es ja wissen, hat er doch zwischen 1992 und 1997 in der Industriellenvereinigung gleichsam aus dem Nichts ein umfassendes Netzwerk mit Hilfe eines Trainee-Programms aufgebaut. Statt es zu horten und für sich zu behalten, müsse Wissen heute in erster Linie angewendet werden - "wo es herkommt, ist dabei völlig zweitrangig".
Geändert hat sich aber vor allem auch der Zugang junger Menschen zu beruflichen Netzwerken. Waren diese noch vor nicht allzu langer Zeit unter dem abschätzig besetzten Begriff der "Seilschaft" vor allem als Hort von Nepotismus und Freunderlwirtschaft verschrieen, wo sich die Mitglieder gegenseitig und einigermaßen lichtscheu so manches Geschäft und Position zuschoben, erkennt Woltron heute geradezu einen Netzwerk-Boom der jungen Generation.
Simple Tatsache: Ohne Leistung kein Nutzen
Hielt man es früher eher mit der Devise, "über Beziehungen redet man nicht, man hat sie", so entstand in den letzten Jahren eine wahre Flut an Sachliteratur und Ratgebern zu diesem Thema.
Die veränderte Funktion von Netzwerken beschreibt Domany am Beispiel von Postenbesetzungen: "Kein Personalmanager in einem Unternehmen kann es sich heute noch leisten, Fehlbesetzungen zu verantworten", verweist Domany auf die geänderten Verantwortlichkeiten von Führungskräften unter verschärften Wettbewerbsbedingungen, die es undenkbar machen, Posten unter anderen als Leistungskriterien zu vergeben. Dies mache Netzwerke jedoch keinesfalls obsolet. Vielmehr seien Personalmanager froh über jede Vorabinformation über Fähigkeiten potenzieller Kandidaten, erklärt der WK-General.
Auch für Woltron ist in den letzten Jahren die Sachkomponente in beruflichen Netzwerken vermehrt an die Stelle von Partei- bzw. ideologischen Faktoren getreten. Trotz all seiner Netzwerkarbeit ist Woltron selbst ein lebendes Beispiel dafür geblieben, dass effizientes Netzwerken nicht unbedingt etwas mit Vereinsmeierei zu tun haben muss: Er selbst ist nämlich ein leidenschaftliches und bekennendes Nicht-Mitglied, egal ob es sich um Parteien oder sonstige Verbände und Vereinigungen handelt. "Im Notfall muss man die Dinge eben alleine bewerkstelligen, daher sollte man nie auf das Prinzip der persönlichen Freiheit verzichten", weiß Woltron um die Tatsache, dass nicht alles immer über Netzwerke erreichbar ist.
Breite und Vielfalt statt Monokultur
"Netzwerke, wollen sie unter heutigen Bedingungen erfolgreich sein, brauchen eine gewisse Breite und Vielfalt der beteiligten Menschen", ist Domany überzeugt. Seine persönliche Erfahrung beim Aufbau und Management beruflicher Netzwerke habe gezeigt, dass der Zusammenschluss von Menschen mit sehr verschiedenen Persönlichkeitsstrukturen eine Bereicherung darstelle. Vor allem Kreativität und Konsensfähigkeit von Netzwerken gewinnen durch eine möglichst breit gestreute Vielfalt der Mitglieder. Und darin liege auch der Nutzen für die Unternehmen, in denen diese beschäftigt sind.
"Ein Netzwerk hilft, einen Sattel zu bekommen - aber reiten muss man dann schon selbst," umschreibt der WK-General die Hilfsfunktion eines Netzwerks im beruflichen Alltag. Ohne Eigenengagement geht eben nichts. Wer als Junger sich in einem Netzwerk engagiert bzw. engagieren will, sollte jedoch nicht der Fehl-meinung aufsitzen, mit der Mitgliedschaft sei das berufliche Fortkommen bereits gesichert. "Die eigene Position darf nicht im Mittelpunkt stehen, sonst ist man schon gescheitert", ist sich Domany sicher.
Auch für Woltron ist der Grundsatz "gib mehr als du nimmst" entscheidend für das Funktionieren von Netzwerken. Man müsse den Partnern in Summe mehr bringen, als man von ihnen verlange. Auch Verdienen komme schließlich immer noch nach dem Dienen, weshalb es für Junge zunächst einmal darauf ankomme, den eigenen Mehrwert zu erarbeiten. Netzwerke funktionierten nach dem Nutzenprinzip und seien keine Hilfsorganisationen, so Woltron.
Damit Netzwerke nicht allein für den Zweck des persönlichen Fortkommens missbraucht werden, tragen für Domany diejenigen Verantwortung, die in Unternehmen an den Schnittstellen der Ausbildung sitzen. Sie müssten darauf achten, dass bei den Jungen nicht der Egoismus die überhand gewinne.
Um solchen Missbrauch des Netzwerkgedankens zu vermeiden, empfiehlt Woltron die Abkehr von allzu steilen Hierarchien: Flachere Entscheidungsstrukturen und stärkere Selbstverantwortung würden dem entgegenwirken. "Man sollte das alte Sprichwort, nach dem eine Hand die andere wäscht, so umdrehen, dass am Ende trotzdem beide sauber bleiben."
Die Nachfrage übersteigt das Angebot
Was aber tun, wenn man in ein bestimmtes Netzwerk hineinkommen will - schließlich übersteige die Nachfrage nach wie vor das Angebot, so Gruber. Für Domany führen grundsätzlich zwei Wege zur Integration in Netzwerke: Entweder man wird selbst aktiv und knüpft so mit Gesprächspartnern der eigenen Ebene in anderen Unternehmen Kontakte; oder aber man sieht sich nach bereits bestehenden Vereinigungen und Strukturen um, die dieselben Interessen bzw. Ziele verfolgen.
Frauen: Unterwandern oder eigene Netzwerke knüpfen?
Natürlich aber haben Netzwerke noch immer auch die Rolle, Macht zu erwerben und zu erhalten, gesteht Woltron unumwunden zu. Er hält dies in erster Linie für ein typisch männliches Verhalten, das nicht zuletzt dazu geführt hat, Frauen von Entscheidungspositionen fern zu halten. Statt eigene Frauennetzwerke zu knüpfen rät er - aus Effizienzgründen - zur Unterwanderung der bestehenden männlichen.
Dass Frauen jedoch schon längst über gut funktionierende Netzwerke - zumindest auf Wiener Ebene - verfügen, zeigen dann die Publikumsreaktionen. Ein Umstand, der nur wenigen Zuhörern bekannt war. Aber, wie es Woltron formulierte: "Bekanntheit und Effizienz müssen ja kein Widerspruch sein."