Zum Hauptinhalt springen

Wenn eine Formalität zur Haftungsfalle wird

Von Peter Kolba

Wirtschaft

Wer für andere bürgt, kann zur Kasse gebeten werden. | Informations- pflichten für Banken. | Wien. Wenn ein Verwandter oder Ehegatte um eine kleine Hilfe bei der Aufnahme eines Kredites ersucht, dann kann man sich dem oft schlecht entziehen. Es gehe - so versichern Schuldner - nur um eine "Formalität", sprich um eine Unterschrift als Bürge oder Mitschuldner. Stellt der Hauptschuldner seine Rückzahlungen ein, dann wird aus der "Formalität" eine veritable Haftung.


Der Gesetzgeber will Verbraucher in solchen Situationen besonders schützen. Das Gesetz sieht deshalb bei Kreditgeschäften von Ehegatten und bei Haftungen von Verbrauchern für die Banken besondere Informationspflichten vor.

Nicht leistbare Summen

Verbraucher sollen insbesondere auch vor Haftungen für nie leistbare Schulden geschützt werden. Der klassische Fall: Der Ehegatte nimmt für seinen Betrieb ein Betriebsmitteldarlehen auf, seine den Haushalt führende und einkommenslose Ehegattin bürgt für ihn. Nach der Scheidung verschwindet der Herr auf Nimmerwiedersehen, dafür kommt die Bank zur Frau und stellt Millionen fällig; eine Summe, die diese nie zurückzahlen kann.

Das Gericht kann die Haftung von Interzedenten - das sind Verbraucher, die für eine fremde Schuld als Mitschuldner, Bürgen oder Garanten haften - dann mäßigen oder gänzlich aufheben, wenn die Schuld für die Bank erkennbar in einem unbilligen Missverhältnis zur Leistungsfähigkeit des Interzendenten steht.

Dabei ist auf einige Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen: Welches Interesse hat der Interzendent an der Begründung der Haftung? Trifft den Interzedenten ein Verschulden daran, dass er die Schuld nicht auffangen kann? Welchen Nutzen hat er selbst aus dem Kredit? Wurde sein Leichtsinn oder auch seine Abhängigkeit vom Hauptschuldner ausgenützt?

Die Bank ist auch verpflichtet, einen Interzedenten auf die wirtschaftlich angespannte Lage des Hauptschuldners hinzuweisen, wenn sie erkennen kann, dass dieser seine Verpflichtungen voraussichtlich nicht erfüllen wird. Die Bank soll also nicht einen riskanten Kredit nur deshalb vergeben können, weil sich ein unwissender Dritter findet, der dafür einsteht.

Geht der Bürge die Haftung trotz Aufklärung ein oder hätte er sie bei richtiger Aufklärung trotzdem eingegangen, dann muss er zahlen. Hätte er aber bei richtiger Aufklärung durch die Bank keine Unterschrift geleistet, dann entfällt die Haftung zur Gänze. Unter Aufklärung verstehen die Gerichte mehr als nur die Unterschrift unter einen Stehsatz, dass man aufgeklärt wurde. Es wird die Darlegung der wirtschaftlichen Lage verlangt.

Die mangelnde Aufklärung durch die Bank kann auch dazu führen, dass ein Verbraucher statt eine persönliche Haftung einzugehen ein Pfand zur Besicherung eines fremden Kredites hingibt. Hier versagt die Judikatur dem Pfandbesteller allerdings den Schutz: Weil die Sachhaftung im Gesetz nicht erwähnt wird, habe der Gesetzgeber diese nicht gewollt. Die Lehre läuft seit Jahren Sturm gegen diese unsachliche Differenzierung.

* Der Autor ist Jurist und Leiter des Bereiches Recht im Verein für Konsumenteninformation (VKI). Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es unter

www.verbraucherrecht.at. *