"British Bookshop" muss zusperren. | Buchhandel leidet unter Online-Shops. | Zusätzlicher Druck durch hohe Mieten. | Wien. Eine Negativmeldung verdarb am Montagabend der Buchbranche die gute Laune und Zuversicht: Kurz vor der Eröffnung der "Wiener Lesefestwoche" war der Konkurs des mehr als dreißig Jahre alten "British Bookshop" bekannt geworden. Der Wiener Buchhandel hat damit eine weitere Renommieradresse verloren - nach Heidrich in der Plankengasse, Gerold, Braumüller und Krey am Graben sowie Heger in der Wollzeile.
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Schon vor vier Wochen hatte der British-Bookshop-Eigner Andreas Tarbuk seine Georg Prachner Buchhandelsgesellschaft aufgeben müssen. Aus dem Prachner-Fundus wurde bereits 2004 die Buchhandlung auf der Kärntnerstraße an Frick am Graben verkauft. Prachners Outlet im Museumsquartier übernahm jüngst die führende deutsche Kunstbücherkette Walther König.
"Shakespeare & Company" in der Sterngasse trägt nun Union Jack und Sternenbanner auf dem Wiener Buchmarkt exklusiv weiter. Aber auch dort weiß man, dass der Internet-Versandhandel den traditionellen Schmökerläden den Umsatz abgräbt. Dennoch wird ein englischer Stützpunkt in Wien immer benötigt werden. Branchenkenner meinen, dass auch der British Bookshop für neue Betreiber attraktiv sei. Solche werden morgen billiger einsteigen als heute, heißt es.
Im British Bookshop ist die Hälfte der Schaufenster an der Weihburggasse und Seilerstätte leergeräumt. Besonders ausgezeichnete Items sind um 70 Prozent billiger. Wie lange läuft dieser Ausverkauf? "Wir wissen es nicht", sagt ein Experte für angloamerikanische Literatur, mit traurigem Gesicht vom Bildschirm aufschauend.
Neue Bestseller fehlen
Im British Bookshop wurden 2003, 2005 und 2007 die langen "Harry Potter"-Nächte zelebriert. Hunderte junge und alte Fans warteten auf die Bände fünf, sechs, sieben. Wo ist die Neuerscheinung geblieben, die heuer die Bilanz gerettet hätte?
In den achtziger Jahren hat der Wiener Innenstadtbuchhandel noch die Hälfte des österreichischen Jahresumsatzes mit Büchern gemacht. Die Ursachen für den Niedergang sind vielfältig. Handelsherrn wie Erwin Heidrich, Friedrich Gottschalk, Helmut Godai und der Architekturspezialist Georg Prachner setzten sich zur Ruhe, die Mieten stiegen in Größenordnungen, die nur noch schwer zu verdienen sind. Andreas Tarbuk, ein Buchhandels-Newcomer aus dem ehemaligen Autoclan, blies schon der kalte Wind von Amazon um die Ohren, als er in das Filialnetz von Helmut Godai einstieg. Heute ist er 39 Jahre alt, mit 27,30 Prozent der größte Teilhaber an der Tarbuk-GmbH und kann trotz Pleite stolz auf sein kulturelles Hobby sein.
Seit mehr als zehn Jahren geht im Wiener Innenstadtbuchhandel die Angst vor den großen deutschen Ketten mit Verkaufsflächen jenseits der 1000 Quadratmeter um. Bisher konnte sich erst Thalia, eine Division der mit ihren Parfümerien bekannten Douglas-Gruppe, festsetzen: im ehemaligen Virgin-Megastore auf der Mariahilfer Straße und bei den Village Cinema Centers am Anfang der Landstraße. Von den Wiener Traditionshäusern sind Frick am Graben (früh) und Morawa in der Wollzeile (spät) dem Trend zu mehr Selbstbedienung mit Erfolg gefolgt. Selfservice ist im bildungsbeflissenen, seinen kulturerhaltenden Habitus hervorkehrenden Buchhändlerstand umstritten.
Wer in der kleineren Dimension überleben will, muss mit Service und Beratung punkten. Weil der Buchhandel jede Kaufkraftschwankung spürt, trägt man auch bei den Sortimenten alten Typs wenig Optimismus zur Schau. "Ich habe heuer im Juli zehn Prozent mehr Kunden gehabt, aber 17 Prozent weniger Umsatz", klagt einer dieser Platzhalter der alten Buchkultur.
Neue Buchmesse
Am 20. November eröffnet auf dem Messegelände die "Buch Wien 08". Die Nachfolgerin der traditionellen "Wiener Buchwoche" im Rathaus ist als Buchmesse konzipiert. Vom rührigen "Picus"-Verleger Alexander Potyka, dem Präsidenten des Hauptverbands des Buchhandels, wird kolportiert, dass er für eine neue Amtszeit nicht mehr kandidieren will. Für seine Bilanz wird die "Buch Wien 08" den Ausschlag geben. Mit viel kulturamtlicher Unterstützung. Freilich verstellt eine Barriere manchem Interessenten den Zugang: War die Bücherausstellung gratis, müssen nun 8,50 Euro bezahlt werden.