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Wenn Google zum geheimen Co-Autor wird

Von Bernhard Baumgartner

Europaarchiv

Plagiate entstehen via Internet - und werden damit auch wieder enttarnt. | Plagiatssoftware und ihre Abwehr. | Wien. Über eines sind sich die Wissenschafter klar: Suchmaschinen wie Google haben sich auf das Entstehen von wissenschaftlichen Arbeiten erheblich ausgewirkt. War früher der Weg in die Fachbibliothek und das Studium von Katalogen und wissenschaftlichen Zeitschriften die Basis einer Literaturrecherche, ist mit dem Internet Google die erste Ansprechstelle für die Materialsammlung.


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Die einfache digitale Verfügbarkeit des gefundenen Materials wird von etlichen Studenten jedoch noch immer als Einladung zum hemmungslosen Kopieren gesehen. Dass diese Kopien nicht regelmäßiger auffliegen liegt daran, dass die Universitäten noch immer keine flächendeckenden inhaltlichen Kontrollen bei Arbeiten durchführen.

Dabei wäre es so einfach, wie der Salzburger Medienwissenschafter Stefan Weber im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sagt. Er selbst hat bereits dutzende unredlich erstellte wissenschaftliche Arbeiten aufgedeckt. "Ich verwende ausschließlich Google" sagt er. Er überprüft dabei Passagen, in denen unzitiert geschrieben wird, auf Wortkombinationen, um herauszufinden ob diese auch in anderen Texten im Internet zu finden sind.

Automatische Abwehr

Ist dies der Fall, sieht er sich die Originalliteratur an und vergleicht die Texte. "Was manchmal in Google mit ein paar Wortfetzen beginnt, entpuppt sich dann mitunter als Passage, die mehrere Seiten lang ist." Findet sich dabei kein Zitat, ist das unredlich und für eine wissenschaftliche Arbeit jedenfalls unsauber. Mittlerweile gibt es bereits Software, die ganze Texte systematisch nach identen Google-Inhalten absucht. Von diesen hält Weber jedoch nicht allzu viel: "Die sind fehleranfällig."

Doch auch die Plagiierer sind einfältig: Mittlerweile gibt es bereits auch eine Anti-Anti-Plagiatssoftware, die verhindern soll, dass abgeschriebene Arbeiten bei einem automatisierten Plagiatstest auffallen. "Das ist ein richtiges Web-2.0-Business", sagt Weber.

Eine Weiterentwicklung erfährt die Entdeckung vom Plagiaten durch die Ausweitung von Google-Suchmöglichkeiten. So kann man mit Google-Books auch schon nach Buchinhalten suchen - die bisher bei einer einfachen Google-Suche nicht aufgefallen wären. Je mehr Bücher dabei gescannt werden, desto mehr Plagiate können entdeckt werden. Experten schätzen, dass bis zu zehn Prozent der eingereichten Arbeiten unzitiert abgeschrieben wurden.

Massenbetrieb

Gründe für das vermehrte Auftauchen von Plagiaten können laut Experten einerseits der Massenbetrieb an den Universitäten sowie andererseits auch die Steigerung der Umfänge der Arbeiten sein, die Studenten überfordert, wodurch in der Verzweiflung der Griff in die Google-Schatulle erfolgt. In Kombination mit Professoren, die über zu wenig Internet-Kompetenz verfügen, ist der Nährboden für die Abschreiber perfekt.