Sinkende Umsätze machen dem Wiener Großhandel schwer zu schaffen.
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Wien. Der Großhandel leidet und das merkt auch Karl Kristian Gödde. Die Umsätze sinken, die Margen fallen und die Lieferanten versuchen, direkt mit den Endkunden Geschäfte zu machen, beklagt Gödde, der sein Unternehmen bereits in vierter Generation führt und sich auf Werbe- und Souvenirartikel spezialisiert hat. Hinzu kommen noch das Internet und der Online-Handel, die ihm das Leben besonders schwer machen. "Das ist eine Methode, die jedem offensteht, mir aber keine Freude macht", sagt Gödde.
Gerade in Wien komme es öfters vor, dass sämtliche Handelsstufen übersprungen werden und Erzeuger direkt zu den Endkunden gehen. Das setzt der Branche zu, die in Wien allein immerhin 61 Milliarden Euro umsetzt und 55.000 Mitarbeiter beschäftigt. In ganz Österreich gibt es 25.300 Großhandelsunternehmen mit einem Gesamtumsatz von 141 Milliarden Euro.
Normalerweise ist der Großhändler im Vorteil. Denn er handelt mit den Produzenten bessere Preise aus - unter anderem, weil er größere Stückmengen abnimmt. So kann er den Einzelhändlern bessere Preise anbieten als der Produzent selbst. Das wird nun durch den Online-Handel und das Zugehen der Produzenten auf die Endkunden erschwert.
Erschwert werde die Situation vor allem dadurch, dass die Ausgangssituation nicht die gleiche ist, erklärt Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel. "Wir brauchen eine Besteuerung der digitalen Betriebstätten", fordert er. Das Problem sei, dass Onlinebetriebe im Gegensatz zu stationären Betrieben für die Steuerbehörden nicht greifbar seien.
Während also der reale Handel in Österreich brav seine Steuern abführt, ist beim Handel via Internet die Steuersituation oft sehr undurchsichtig. Trefelik nennt hier insbesondere den chinesischen Online-Händler Alibaba. Aber auch Amazon falle in diese Kategorie: "Es liegt mir fern, Amazon als Feindbild zu skizzieren, aber es ist intransparent." Lediglich der Amazon Marketplace, über den die einzelnen Händler mit den Kunden in Kontakt treten, sei transparent.
Forderung nach Digitalsteuer
Daher müsse eine Digitalsteuer her, die große Internetunternehmen dazu zwingt, Steuern dort abzuführen, wo sie ihre Geschäfte tätigen. Für diese sogenannte "Google Tax" sprechen sich theoretisch alle EU-Länder aus. Eingeführt wurde sie noch nicht.
Doch nicht nur die fehlende digitale Steuer macht den Händlern zu schaffen, sondern auch die Steuertricks von Großkonzernen. "Ich finde es schön, dass es Starbucks gibt, aber es kann nicht sein, dass der weniger Steuern zahlt als ich", ärgert sich Karl Kristian Gödde. Die Kaffeehauskette machte Schlagzeilen, weil sie über die Zahlung von Lizenzgebühren an eine Zentrale in den Niederlanden in anderen EU-Ländern Steuern vermieden hat.
Abseits der Steuerforderungen haben sich die Großhändler inzwischen organisiert und überlegen, wie man den Herausforderungen in Zukunft begegnen kann. Eine der Hauptstrategien ist es, selbst online tätig zu werden, also etwa eigenen Webshops zu eröffnen und selbst mit Endkunden in Kontakt zu treten.
Das geht Gödde grundsätzlich zu weit. Er hat seine Firma inzwischen zwar auch internetfit gemacht, direkt mit Endkunden will er aber nicht in Kontakt treten: "Wir machen uns doch nicht selber Konkurrenz."
Forderung an die Stadt
Aber auch an die Stadt Wien hat der Großhandel Wünsche. Dazu gehören die grundsätzlich bereits bekannten Forderungen nach einer Erleichterung für Lieferung und Logistik - sprich: Parkplätze und bessere Zugänglichkeit für Kraftfahrzeuge. Allerdings ist den Großhändlern auch hier bewusst, dass "in allen Städten der Trend in die andere Richtung geht", wie Trefelik sagt.