Mit Fangfragen wollen Personaler die Persönlichkeit der Bewerber testen. | Authentizität kommt am besten an. | Wien. Wer sich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitet, der sollte sich auch auf Bewerbungsfallen gefasst machen - so exotisch diese auch sind. So ist es bereits vorgekommen, dass der Arbeitgeber bewusst die Hauspost vor dem Büroeingang liegen ließ, um Bewerber auf den Prüfstand zu stellen: Wer nimmt den Stapel bei seiner Ankunft mit, wer nicht?
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Egal ob es sich um solche Test-Aktionen oder um Fangfragen handelt, das Ziel ist stets dasselbe: Das Verhalten des Bewerbers in bestimmten Situationen soll genau unter die Lupe genommen werden. Den Kandidaten blüht dabei so manch unliebsame Überraschung. Geht es um eine Position, bei der perfekte Englisch-Kenntnisse gefragt sind, wird oft mitten im Bewerbungsgespräch in die Fremdsprache gewechselt, berichtet Eva Schlader vom Personalberatungsunternehmen Pendl & Piswanger.
Um herauszufinden, wie der Bewerber im Alltag Entscheidungen trifft, bekommt er ein Fallbeispiel aus der Praxis zum Lösen vorgelegt. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielt für manche Personalchefs das private Umfeld des Bewerbers: "Wenn eine Tätigkeit eine hohe Reisebereitschaft erfordert, dann muss auch besprochen werden, wie sich das mit der Familie vereinbaren lässt", sagt Schlader. Bei einem Job, der mit vielen Überstunden und Abendterminen verbunden ist, fragt sie auch nach: "Wer übernimmt die Kinderbetreuung?"
Rechtliche Grenzen
Allzu weit ins Privatleben dürfen die Personalverantwortlichen beim Job-Interview aber nicht vordringen. Denn Fragen nach der Zugehörigkeit zu einer Partei, zu einer Religion oder über die finanziellen Verhältnisse, Familienplanung und Gesundheitszustand sind rechtlich unzulässig.
"Wir setzen Fangfragen erst ein, wenn sich Widersprüche auftun", sagt Guido Leissinger vom Personalberater ISG. Wenn im Lebenslauf Monatsangaben fehlen, der Bewerber häufig den Job gewechselt hat oder sich bei Aussagen widerspricht, sieht Leissinger Anlass, die Fakten detektivisch zu hinterfragen. Ansonsten hält der Personalexperte nichts davon, den Bewerber extra unter Druck zu setzen. Und auch Schlader stellt keine in der Branche durchaus üblichen Fangfragen wie: "Welche Persönlichkeit aus der Geschichte bewundern Sie?" Oder: "Was sind die größten Missstände in Ihrer jetzigen Firma?" "Ich lasse auch keinen Kollegen bei der Tür hereinkommen und das Interview stören", so Schlader.
Dennoch: So wohlgesinnt, wie die Personalisten vorgeben, laufen Job-Interviews in der Praxis meist nicht ab. Immerhin geht es auch darum, die potenziellen Mitarbeiter auf Stressresistenz zu testen. Wie soll man als Bewerber in diesen heiklen Situationen reagieren, um sich nicht selbst ins Out zu schießen? "Die richtige Reaktion ist eine ehrliche Reaktion", unterstreicht Leissinger.
Zu Schwächen stehen
Er honoriert es, wenn Kandidaten zu ihren Schwächen und zu Lücken im Lebenslauf stehen: "Es zeigt, dass man auch mit Krisensituationen umzugehen gelernt hat." Auf keinen Fall solle man vorgegebene Antworten herunter beten.
Wer allerdings glaubt, es gehe bei der Bewerbung ausschließlich um Fachwissen und das richtige Verhalten, der irrt. Die Personalisten nehmen auch Äußerlichkeiten unter die Lupe: So bleiben zitternde oder feuchte Hände genauso nicht unbemerkt wie Ermüdungserscheinungen unter den Augen.