Die indische Organisation Para hat ein Netzwerk geschaffen, das Kinderarbeit und Zwangshochzeiten verhindern soll.
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"Wir wollen den Baum in den Menschen schon zu pflanzen beginnen, wenn sie jung sind", sagt Anil Gangaparu, der Leiter von der indischen Hilfsorganisation Para (People’s action for rural awakening). Der Baum: Das ist das Wissen von Kindern und Jugendlichen um ihre Rechte. Und um diese Rechte ist es oft nicht zum besten bestellt.
"Die Kinderrechte sind im Gesetz festgeschrieben, aber sie werden nicht eingehalten. Besonders dort, wo ärmere Leute wohnen", berichtet Gangaparu, der auf Einladung von "Jugend Eine Welt" in Wien war. Und das trifft auch stark auf die ländlichen Regionen in den Bundesstaaten Andrah Pradesh und Telangana zu, in denen Para tätig ist: Dort gehört etwa ein Drittel der Bevölkerung der niedersten Kaste, also den Unberührbaren, an.
Die Folgen sind oft drastisch: Kinder werden von der Schule genommen und müssen zu arbeiten beginnen. Manchmal wird dabei ihre Arbeitskraft verkauft und sie werden von ihren Familien an Arbeitgeber weitergegeben, um etwa als Dienstboten in wohlhabenden Haushalten oder für Großbauern zu arbeiten. Auch - gesetzlich verbotene - Kinderhochzeiten werden weiter vollzogen. Und immer wieder sind Kinder körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt. Para will diesen Verstößen beikommen, indem die Organisation die Minderjährigen selbst über ihre Rechte aufklärt. Bei dem von "Jugend Eine Welt" unterstützen Projekt hat Para, unter Einbindung der Lehrer, sogenannte Kinderrechteklubs ins Leben gerufen, in denen Kinder und Jugendliche über ihre Rechte aufgeklärt werden. "Diese Jugendlichen geben ihr Wissen an ihre Mitschüler weiter. Zudem sind sie Ansprechpartner für Schüler, deren Rechte verletzt werden."
Wenn Mitschüler etwa berichten, dass ihre Eltern sie aus der Schule nehmen wollen, dann wenden sich die Kinderrechtsklubs an erwachsene Vertrauenspersonen von Para. Diese nehmen dann mit Eltern Kontakt auf, wobei meistens auch der Kinderschutzverein eingebunden ist, den Para in vielen Dörfern gegründet hat. In diesen bindet die Organisation die dörflichen Autoritäten ein.
Der größte Feind bleibt
Immer wieder können laut Gangaparu Erfolge erzielt werden. So wurde erst kürzlich verhindert, dass drei Kinder die Schule verlassen. In solchen Fällen ist es freilich wichtig, die betroffenen Kinder weiter unter Beobachtung zu halten, damit ihnen nicht doch noch Unrecht angetan wird.
"Wenn wir von einer Kinderhochzeit hören, kann es auch geschehen, dass wir die Polizei und die Behörden informieren, um diese zu verhindern", berichtet Gangaparu. "Schließlich sind diese auch gesetzlich verboten." Trotzdem: Es kann passieren, dass Eltern diese dann heimlich durchführen und dabei von örtlichen Autoritäten unterstützt werden, die diese als Teil der Tradition ansehen.
Und auch den größten Feind der Kinderrechte kann Para nicht besiegen: Die teils erdrückende Armut, die Familien dazu bewegt, Kinder schon früh arbeiten zu lassen. Doch jedes Kind, das doch an der Schule gehalten werden kann, hat langfristig bessere Chancen, der Armut zu entkommen: Denn mit einem höheren Abschluss steigen die Chancen, selbst einmal eine bessere Arbeit zu finden, sagt der Para-Vorsitzende.
Die Organisation sieht ihre Projekte als langfristig an. "Die Kinder und Jugendlichen aus den Schulklubs werden später Erwachsene und ein ganz anderes Bewusstsein haben", betont Gangaparu.