Drei Wiener Universitäten öffnen vom 11. bis zum 15. Juli ihre Pforten für interessierte Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren. Wie echte Studierende können sie Lehrveranstaltungen besuchen, müssen "inskribieren" und erhalten ein Abschlussdiplom. Dieses Jahr findet erstmals ein "Kinderuni-Austauschprogramm" mit der Universität in Bratislava statt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Welche Mutter und welcher Vater kennen es nicht? Das ewige "Warum, was und wieso?" der Kleinen, das Eltern in den Wahnsinn und bis zur Ratlosigkeit treiben kann? "Warum ist der Himmel blau?" zum Beispiel, oder "Was ist der Unterschied zwischen gut und böse?".
Die Beantwortung dieser und anderer spannender Fragen, soll nun in der KinderuniWien den Eltern abgenommen werden. 130 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen werden diesen Sommer bereits zum dritten mal versuchen, den Wissensdurst der jungen Studierenden in den 287 angebotenen Lehrveranstaltungen zu stillen. Am letzten Tag wird, wie auch bei den "Großen" am Ende ihres Studiums, eine Sponsion im großen Festsaal der Universität stattfinden, bei der ein Diplom und ein Titel verliehen werden. Finanziert wird das Projekt vom Bildungsministerium und der "mobilcom austria".
Kinderuni wächst
Hinter der Kinderuni steht die Idee, "kindliche Neugierde mit wissenschaftlichem Interesse zusammenzubringen", erklärt Arthur Mettinger, Vizerektor der Universität Wien. Den Kindern soll hier ein ungezwungener und vor allem kostenloser Zugang zur Wissenschaft ermöglicht werden.
Das Konzept wurde 2003 vom Kinderbüro der Uni Wien entwickelt und erstmals umgesetzt. 1.000 Kinder besuchten damals die 90 Lehrveranstaltungen, dieses Jahr werden 2.300 erwartet. Um auf diesen Andrang vorbereitet zu sein, gibt es heuer einige Neuigkeiten im Programm. So wird es neben der "KinderuniWissenschaft" an der Universität Wien und der "KinderuniKunst" an der Universität für Angewandte Kunst erstmals auch eine "KinderuniMedizin" geben.
Mini-Erasmus
Auch ein Kinderuni-Austauschprogramm ist geplant. "Der Schwerpunkt, den wir dieses Jahr setzen, liegt auf Kultur und Sprache.", erzählt Kerstin Kopf vom Kinderbüro. 25 Kinder werden am 20. Juli nach Bratislava fahren, um dort an einer Lehrveranstaltung teilzunehmen. Parallel dazu werden Kinder aus Bratislava in Wien eine zweisprachige Vorlesung besuchen.
In Zusammenarbeit mit der Magistratsabteilung 17 für Integrations- und Diversitätsangelegenheiten wird außerdem versucht, verstärkt Kinder aus bildungsfernen Schichten und Migrantenfamilien in die Uni zu locken. Mehrsprachige Folder (in Ungarisch, Polnisch, Türkisch, Serbokroatisch etc.), die u. a. in Parks verteilt werden, sollen als Information für die Eltern dienen. "Die Kinderuni ist ein Instrument, Barrieren gegenüber dem freien Hochschulzugang abzubauen", gibt sich Arthur Mettinger überzeugt. Vor allem bei Eltern soll Vertrauen in die universitären Strukturen geschaffen werden, damit für ein späteres Studium des Kindes eine "positive Grundstimmung" in der Familie herrsche.
Erstmals wird dieses Jahr auch für etwas Ältere ein Programm angeboten. "Es kommen so viele Kinder zu uns, die sich beschweren, dass sie aufgrund der Altersgrenze nicht mehr an der Kinderuni teilnehmen dürfen", erklärt Kerstin Kopf. Darum gibt es heuer für 13 bis14-Jährige, die bereits an der Kinderuni teilgenommen haben, das "Alumni-Programm". In kleineren Gruppen und längeren Seminaren, soll hier intensiver geforscht und gearbeitet werden, um den Bedürfnissen der Älteren gerecht zu werden. Eine "richtige" Jugenduni ist noch nicht geplant, "wird aber immer wieder angedacht", sagt Kerstin Kopf. Dazu wären jedoch ein neues Konzept und mehr Ressourcen notwendig, die "einfach nicht gegeben sind", bedauert Kopf.
Deshalb ist es auch nicht möglich, eine Kinder- bzw. Jugenduni während des ganzen Jahres einzurichten, wie dies beispielsweise in Innsbruck der Fall ist. "Solange die Situation an den Universitäten so ist, dass es nicht genügend Hörsäle für unsere Studenten gibt, ist eine Kinderuni während des Jahres nicht vertretbar", erklärt Mettinger.
Kinderuni-Erfolge
Bei allen Beteiligten, sowohl Kindern, Eltern, als auch Lehrenden, die sich ehrenamtlich engagieren, stößt die Kinderuni auf große Begeisterung. "Kinder als Zuhörer sind ein wunderbares, sehr ehrliches, aber auch gnadenloses Publikum. An ihrer Aufmerksamkeit und am Lärmpegel sieht man, wie gut oder schlecht man als Lehrender unterrichtet", meint Christoph Augustynowicz vom Institut für Osteuropäische Geschichte, der letztes Jahr eine Vorlesung mit dem Titel "Woher kommt der Glaube an Vampire?" hielt. "Die unbefangene Herangehensweise der Kinder an ein neues Thema, würde ich mir auch von meinen Studenten wünschen", ergänzt er.
Auch Arthur Mettinger spricht ähnlich begeistert von seinen Erfahrungen mit der Kinderuni. "Bis jetzt war es jedes Mal so, dass uns die Kinder nach dieser einen Woche sehr abgegangen sind. Es ist dann plötzlich so still."
Es besteht weltweit schon ein "Kinderuni-Boom". Die Idee stammt aus der deutschen Stadt Tübingen, heute bestehen Kinderunis in der Schweiz, in Liechtenstein, der Slowakei und sogar in Kolumbien. Auch in Österreich verbreitet sich die Kinderuni rasch. So gibt es bereits in Innsbruck, Salzburg, Graz und Steyr ähnliche Angebote.
Die Anmeldung für die KinderuniWien läuft ab 23. Juni per Internet unter www.kinderuni.at .