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Wenn Lehrlinge auf Reisen gehen

Von Karin Bornett

Wirtschaft

Rund 350 Lehrlinge entsendet der Verein IFA pro Jahr.


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Wien. Auslandsaufenthalte aus beruflichen Gründen sind heutzutage gang und gäbe, auch unter Studenten sind Auslandssemester nichts Ungewöhnliches mehr. Bei Lehrlingen und Ausbildern hingegen scheint das Interesse an grenzüberschreitendem Erfahrungsaustausch gering zu sein.

Wo soll der Auslandsaufenthalt stattfinden? Großbritannien, Deutschland und Irland sind bei den Lehrlingen als Ziele beliebt, heißt es vom Verein IFA (Internationaler Fachkräfteaustausch).
© Foto: fotolia

"Die wenigsten Lehrlinge aus Österreich absolvieren einen Auslandsaufenthalt im Rahmen ihrer Ausbildung. Die meisten Betriebe haben kein Interesse daran, ihre Auszubildenden für diese Zeit freizustellen", begründet Günther Zauner, Lehrlingsexperte der Arbeiterkammer Wien, die geringe Motivation, junge Mitarbeiter ins Ausland oder - wie man es im Spätmittelalter nannte - "auf die Walz" - zu schicken.

Dabei bringt ein Auslandspraktikum eine Menge, sagt nicht nur Zauner, sondern betont auch Susanne Klimmer, Geschäftsführerin des Vereins IFA - Internationaler Fachkräfteaustausch. Der IFA fungiert als Servicestelle zur Förderung der Mobilität von Fachkräften und vermittelt pro Jahr rund 350 Lehrlinge an europäische Unternehmen. "Mit einem Auslandspraktikum verschafft sich der Lehrling einen Startvorteil für seinen Werdegang nach der Ausbildung. Neben sprachlichen und persönlichen Kompetenzen wie Selbständigkeit und Kommunikationsfähigkeit lernen die jungen Menschen auch neue Arbeitsmethoden und -techniken kennen", meint die IFA-Leiterin.

Aber auch die Betriebe profitieren von den Auslandserfahrungen ihrer Mitarbeiter, ist Klimmer überzeugt: "Dadurch lassen sich oft wertvolle Kontakte zu anderen Unternehmen knüpfen, und die Lehrlinge bringen nach einem Auslandsaufenthalt neue Denk- und Lösungsansätze in den Berufsalltag. Wir haben in Gesprächen mit den österreichischen Ausbildern oft gehört, dass die jungen Auszubildenden nach einem Auslandspraktikum viel motivierter an die Arbeit gingen. Abgesehen davon bietet die Chance auf ein Auslandspraktikum einen großen Anreiz bei der Rekrutierung von Lehrlingen."

Planung und Förderungen

Doch bei aller Euphorie gilt es, sich über mögliche Unannehmlichkeiten vor Ort im Klaren zu sein und sich darauf vorzubereiten. AK-Experte Zauner: "Als Lehrling muss ich mich vorab genau informieren, was passiert, wenn ich krank werde oder mir der Aufenthalt einfach nicht gefällt und ich ihn zum Beispiel abbrechen möchte. Besonders wichtig ist auch, die fachliche Komponente im Auge zu behalten und darauf zu achten, dass bei dem Gastunternehmen das Berufsbild nicht verloren geht."

Der beste Zeitraum für ein Praktikum ist das dritte Lehrjahr, was Klimmer mit der vorangeschrittenen fachlichen Kompetenz der Lehrlinge begründet. Um mehrere Wochen - möglich sind bis zu sechs Monate - ihrer Ausbildung im Ausland zu absolvieren, müssen interessierte Lehrlinge auf die Unterstützung ihres Ausbildungsbetriebs oder der Berufsschule zählen können. Der Auslandsaufenthalt kann vom Unternehmen selbst organisiert werden, oder es wendet sich an das IFA, das die Planung und sämtliche Formalitäten übernimmt.

Gefördert werden die Praktikanten im Rahmen des europäischen Programms für lebenslanges Lernen/Leonardo da Vinci, sowie nationalen und regionalen Stellen, wie unter anderen das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend oder auch die Stadt Graz. Die Lehrlinge erhalten einen Zuschuss zu den Reise-, Versicherungs- und Aufenthaltskosten, die im Zusammenhang mit dem Berufspraktikum entstehen. Die Fördermittel betragen je nach Destination und gesamter Aufenthaltsdauer rund 200 Euro pro Woche. Laut IFA absolvieren die österreichischen Lehrlinge am häufigsten ihre Praktika in Großbritannien, gefolgt von Deutschland und Irland.

Eine Befragung des Instituts ergab, dass für die Betriebe die Erweiterung des Erfahrungsschatzes und der Sprachkenntnisse von besonderer Bedeutung ist und die meisten der befragten Unternehmen mehr als nur einen Lehrling ins Ausland entsenden. Die häufigsten Berufe, für die in diesen Betrieben ausgebildet wird, sind Bürokaufmann/frau, Maschinenbautechniker und Elektrobetriebstechniker.

www.ifa.or.at