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Wenn Radfahrer bei Rot auf Schweine stoßen, ist Parlamentsfinale

Politik

Wie jedes Jahr halten heuer 40 Tagesordnungspunkte, darunter einige wichtige, die Nationalratsabgeordneten vor der Sommerpause auf Trab.


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Früher war nicht alles besser. Langgediente Parlamentarier werden sich vielleicht noch erinnern, dass die FPÖ einmal die letzte Sitzung des Nationalrats nach einer Nachtschicht bis in den Samstag hinein verlängert hat. Inzwischen haben neue Geschäftsordnungsregeln im Hohen Haus dafür gesorgt, dass die Opposition nicht mehr so leicht für ein stundenlanges Hinauszögern sorgen kann. Mit 40 Tagesordnungspunkten an drei Sitzungstagen von Mittwoch bis Freitag ist ohnehin ausreichend Arbeit garantiert.

Noch dazu handelt es sich um einige große Brocken, die vor der Sommerpause des Nationalrats verabschiedet werden. Neben der Pflegereform, die von ÖVP und Grünen am Donnerstag bei noch ungetrübter Aufmerksamkeit und in alter Frische gebührend gelobt wurde, wurden von den Volksvertretern die Verkehrschilder für Fußgänger und Radfahrer mit einer neuen Straßenverkehrsordnung geändert.

Bei Rot an der Ampel wird Radlern künftig das Abbiegen erlaubt. Generell werden Schutz und Rechte der Radfahrer ausgeweitet. Kfz-Lenker müssen diesen beim Überholen weiter ausweichen. Einen Frontalzusammenstoß hat es schon vor dem Sanktus im Parlament gegeben, weil die Bundesländer und die Stadt Wien längere Parkverbote vor Kreuzungen für ein besseres Sichtfeld für Radler und Fußgänger, wie das Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorhatte, wegen der Millionenmehrkosten einfach abgeschmettert haben.

Mitunter hätten sich die Nationalratsabgeordneten Arbeit auch sparen können. Die erst im Februar beschlossene Corona-Impfpflicht, die zuerst ohnehin gleich wieder ausgesetzt wurde, musste von den Parlamentariern am Donnerstag nun wieder abgeschafft werden. Nur die FPÖ frohlockte und sang ein Loblied auf die Demonstranten gegen die Corona-Einschränkungen der Bundesregierung. Damit hielt die Pandemie die Abgeordneten zwar einmal mehr auf Trab, wenngleich auch nicht in so hohem Ausmaß wie vielfach in früheren Sitzungen.

Erst als 15. Tagesordnungspunkt standen die Neuregelung der Parteienfinanzierung und mehr Kontrollrechte für den Rechnungshof auf der Tagesordnung. Weit hinten genug, um im Tagesverlauf nicht mehr so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dabei handelte es sich bei dem Thema mehr Transparenz und gläserne Parteikassen um eines der zentralen politischen Anliegen der Grünen seit dem Einstieg in die Koalition mit der ÖVP Anfang Jänner 2020.

Für mindestens ebenso viele Emotionen sorgt das liebe Vieh. Denn für Öko-Fans und Bauern sind Tierwohl und einschlägige Schutzmaßnahmen zwei unterschiedliche Paar Stiefel. Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) ist auch für den Tierschutz zuständig und kann nun immerhin den Einstieg für den Ausstieg der Vollspaltböden für Schweine - allerdings mit einer Übergangsfrist bis 2039 - vermelden.

Wenig ruhmreich war hingegen die von der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung beschlossene Indexierung der Familienbeihilfe, die ausländischen Arbeitnehmern mit Kindern in der Heimat weniger Geld brachte. Nach dem Kippen der Regelung durch den Europäischen Gerichtshof am Fronleichnamstag geht es am Freitag nunmehr um die Abschaffung der Regelung im Hohen Haus.

Für die Parlamentarier ist der heutige Freitag ebenso der letzte Arbeitstag wie für die Lehrer in sechs Bundesländern außerhalb von Ostösterreich. Eine Dienstrechtsnovelle bringt Lehramtsstudenten und Lehrern ab heuer Geld für die Sommerschulen ab Ende August. Im September kehren Lehrer wie auch die Abgeordneten zurück.(ett)