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Leider, leider - wenigstens in dieser Einschätzung sind sich alle einig - muss ein sinnvolles Projekt, das niemandem schadet, aber dafür allen nutzt, beendet werden. Weil im wirklichen Leben nicht sein darf, was nach der Theorie des aufgeklärten Sozialstaats nicht sein kann. Und die Theorie hat bekanntlich immer recht.
Worum geht es: Mehr als zwanzig Jahre hat die Caritas Vorarlberg Asylwerber dabei unterstützt, der staatlich verordneten Untätigkeit zu entkommen und sich sinnvoll und sozial verträglich zu betätigen. Im Rahmen organisierter Nachbarschaftshilfe haben diese Männer und Frauen kleinere Arbeiten in Haus und Garten erledigt - Rasen mähen, Brennholz schlichten, schwere Sachen tragen. Das gab den Fremden Gelegenheit, Land und Leute kennenzulernen. Bezahlt wurde in Form von Spenden an die Caritas, die wiederum vier Euro pro Stunde an die Asylwerber weiterreichte.
Eine Win-win-Situation von geradezu irreal-kitschigen Dimensionen.
Das Sozialministerium hat einen anderen Blick: Lohn- und Sozialdumping, ja womöglich sogar ein Einfallstor für "Sklavenarbeit". So gesehen musste das Amt einschreiten. Gesetz ist Gesetz.
Dahinter verbirgt sich die Tragödie einer Idee, die im Bemühen, die Schwachen - in diesem Fall die regulären Arbeitnehmer - zu schützen, noch Schwächeren - den Asylwerbern, die nicht arbeiten dürfen - Chancen verwehrt. Einziger systemkonformer Ausweg: mehr staatliche Alimentation. Auf diese Weise wird allerdings ein vom guten Willen aller Beteiligten getragenes freiwilliges Verhältnis zwischen Bürger und Asylwerbern - vermittelt und koordiniert durch die Caritas - durch eine staatlich verordnete Beziehung ersetzt.
Der Auf- und Ausbau des modernen Sozialstaats verdankt sich dem Ziel, die Willkürlichkeit privater Abhängigkeiten und Wohltätigkeiten durch den Anspruch auf staatliche Unterstützung zu ersetzen. Das hat viel zur Befreiung aus unverschuldeter Unmündigkeit beigetragen. Jetzt erkennen wir, dass der Versuch, perfekten staatlichen Schutz für die einen zu schaffen, anderen nicht-staatliche Chancen nimmt.
Aus diesem Dilemma führt kein einfacher Weg. Wir sollten trotzdem darüber nachdenken. Die Bewältigung der Flüchtlingskrise ist nur der dringendste Anlass. Weitere werden mit Sicherheit folgen.