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Wenn Robin Hood ausreitet, um die heimischen Trafikanten zu retten

Von Helmut Ditè

Analysen

Wo ist der Nestroy, wenn man ihn braucht? Die Posse hieße "Die Rettung des Trafikantenstandes" oder "Steuereintreiber haben es immer schwer, nicht nur im Wald von Nottingham".


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Die Handlung in groben Zügen: Weil die widerborstigen Raucher die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, jenseits der Grenze in den nahe gelegenen Wäldern eines anderen Steuervogts billiger ihre Zigaretten zu kaufen, drohen die exklusiv beauftragten Inkassobevollmächtigten des hiesigen Steuervogts in ihren Läden zu vereinsamen.

Von den Vögten der anderen Länder wird der hiesige Obervogt Molterer noch dazu gemahnt, nach den für alle vereinbarten Regeln zu spielen. Die sehen es gar nicht gern, dass er im Rahmen des Tabakmonopols nur ganz bestimmte Steuereinheber beauftragt und andere gar nicht dürfen.

Was also tun? Vizevogt Christoph Matznetter setzt zur Rettung an, stülpt über seinen roten Hut noch den grünen des Robin Hood und verlangt, der Obervogt Wilhelm Molterer möge doch die Preise und die Steuern senken, damit die heimischen Trafikanten wieder mehr verkaufen können. Gut drei Viertel des gesamten Preises für die Schachtel Rauchwaren kassierten sie ohnehin nur für den Steuervogt ein.

Der Steuervogt ist ein Zerrissener: Auf der einen Seite ist ihm die - durch Zigaretten bedrohte - Gesundheit seiner Zahler wichtig. Je weniger sie rauchen, desto besser.

Andererseits bringen ihm die Zigaretten gut eineinhalb Milliarden Euro pro Jahr - und dazu auch noch die Umsatzsteuer. Deshalb ist es wichtig, dass keines seiner 3200 Steuerinkassolokale, im Volksmund Trafiken genannt, zusperrt, und die Nahversorgung mit Zigaretten gerettet wird.

Statt billiger noch teurer

Was also kommt heraus? Beim Nestroy wärs ein lustiges Stück fürs Carl-Theater geworden. In der dürren realen österreichischen Beamtenprosa ist es weniger zum Lachen. Statt billiger werden die Zigaretten noch teurer.

Dass auch der Finanzminister nichts anderes erwartet, zeigt seine Ankündigung - vorübergehend - darauf zu verzichten, dass die Steuern wie üblich automatisch mitsteigen. Die Trafikanten bekommen ein bißchen mehr Spanne und dürfen wieder mehr Gutscheine anbieten - erinnert sich noch jemand an die große Aktion mit Gutscheinen für Wellnessurlaube in Thermalbädern vor einigen Jahren? - sowie rauchartikelnahe Zusatzprodukte verkaufen. Hustenzuckerln scheinen passend.

Und um doch noch eine Art Importgrenze zu installieren, müssen die Warnhinweise auf den importierten Zigaretten in Deutsch aufgedruckt sein, wenn man mehr als eine Stange mitnehmen will. Bis die EU zu schimpfen beginnt und die Großhändler in den Nachbarländern die Pickerln fertig haben, kann ja die ab Weihnachten in Schengenland orientierungslos herumirrende Bundesheer-Grenzschutztruppe kontrollieren, oder? Seite 25