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Wenn Scherze fast Krieg auslösen: Prekäre Lage in Indien und Pakistan

Von Agnes Tandler

Analysen

Nur eines steht fest: Als Telefonscherz kann man es kaum werten. Immer noch streiten Indien und Pakistan über einen mysteriösen Anruf, die beiden Atommächte offenbar an den Rand des Krieges brachte. Indiens Außenminister Pranab Mukerjee hat erklärt, niemals während des 60 Stunden dauernden Terroranschlages in Bombay (Mumbai) bei Pakistans Präsident Asif Ali Zardari angerufen und "in aggressivem Ton" mit Krieg gedroht zu haben. "Es ist allerdings besorgniserregend, dass ein Nachbarstaat überlegt, auf der Basis eines solchen Streichs zu reagieren", stichelte Mukerjee. | Pakistans Regierungsspercherin Sherry Rehman versichert hingegen, der Anruf sei von "einer verifizierten offiziellen Nummer" aus dem Außenministerium in Neu Delhi gekommen. Pakistan soll nach dem Telefonat seine Streitkräfte in höchste Alarmbereitsschaft versetzt haben.


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Erst ein Anruf von Zardari bei US-Außenministerin Condoleezza Rice brachte Entwarnung, nachdem Rice mitten in der Nacht bei ihrem indischen Kollegen in Delhi nachfragt und dann ein panisches Pakistan beruhigt hatte.

Am Montag tagte in Islamabad der Verteidigungsrat der Regierung. Diskutiert wurde auch der bedrohliche Telefonanruf, denn ein Streich zum Lachen war es gewiss nicht. Falls nicht der Außenminister Indiens am Telefon war, dann nur ein Anrufer, der Krieg zwischen den verfeindeten Nachbarn anzetteln wollte, die bereits drei Kriege gegeneinander geführt haben.

Beide Atommächte stehen unter enormem Druck und sind um Entspannung bemüht. Indien versucht sich im Moment nach Kräften, die gefährliche Situation nach den Anschlägen zu entspannen und die eigene, aufgebrachte Bevölkerung zu beruhigen. Die Regierung senkte den Benzinpreis, um den Volkszorn zu besänftigen. Gleichzeitig gestand sie Fehler und Versäumnisse im Zusammenhang mit der Terrortat in Bombay ein, bei der um die 200 Menschen ums Leben kamen. Indien konzentriert sich zudem darauf, lokale Helfer hinter der beispiellosen Terrortat zu finden.

Indiens Wirtschaft ist stark von der Finanzkrise betroffen, ein vier Milliarden US-Dollar teures Anreiz-Paket, das am Montag präsentiert wurde, soll dafür sorgen, dass es mit dem Wachstum wieder bergauf geht. Bis Mai 2009 muss die Regierung Wahlen abhalten. Sie muss um ihre Wiederwahl fürchten. Doch die Ergebnisse der Regionalwahlen in einigen Bundesstaaten brachten überraschend gute Siege für die regierende Kongress-Partei.

Pakistan hingegen schlug am Montag gegen Lashkar e Toiba-Nester los, um so Indiens Zorn etwas zu besänftigen. Die verbotene Terrororganisation soll hinter dem Bombay-Attentat stecken. Dennoch bleibt die Lage in der Region weiter gefährlich. Dies zeigt schon allein der Scherzanruf, der keiner war.