)
Schizophrene Störungen treten ebenso wie manisch depressive Erkrankungen bei vielen Menschen nach großen seelischen Belastungen auf. Oft betrifft es Menschen, die mit Konflikten, Stress und Belastungen nicht fertig werden, da sie verletzlicher sind als andere Zeitgenossen. Die seelische Verletzbarkeit wird in der Psychologie als "Vulnerabilität" bezeichnet.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Klaus F. ist ein ruhiger junger Mann, sein Beruf als Bankangestellter macht ihm viel Freude. Bereits in seiner Ausbildungszeit ist dem jungen Mann klar, das er sein ganzes zukünftiges Berufsleben nur dem Bankwesen widmen würde. Er besucht einen Kurs nach dem anderen, um sein berufliches Traumziel, den Posten eines Filialleiters, zu erreichen. In seiner Freizeit spielt der sportliche Junggeselle Fußball und geht mit seinen Freunden gerne bergsteigen.
Doch in letzter Zeit ist alles anders. Es fällt ihm oft schwer sich zu konzentrieren, er ist innerlich unruhig und fühlt sich in Gesellschaft anderer Menschen nicht wohl.
Eines Morgens, als er in der Straßenbahn zu seinem Arbeitsplatz fährt, passiert etwas Merkwürdiges: Er hat plötzlich das Gefühl, dass ein Mann (mit schwarzem Mantel und Hut) hinter ihm steht, der seine Gedanken lesen kann und ihn entführen will. Er dreht sich blitzschnell um, aber hinter der letzten Sitzreihe, im Heck des Triebwagens stehen nur zwei Halbwüchsige und unterhalten sich. Der Bankangestellte erschrickt, denn noch nie hat er eine Situation erlebt, die so angsteinflößend war.
Eine Zeit lang versucht der Mann diese Art von Gedanken zu verdrängen, doch sie kommen in großer Regelmäßigkeit wieder und dabei hat Klaus F. auch immer wieder das Gefühl, seine Gedanken seien irgendwie in Unordnung geraten, er hat oft Schwierigkeiten einen Gedanken zu Ende zu bringen. Die Erledigung seiner beruflichen Aufgaben fällt ihm zunehmend schwerer.
Anfangs merkten es seine Eltern ebenso wenig wie seine Freunde. Dass er sich manchmal ohne Grund blitzschnell umdrehte, wertete seine Umgebung zunächst nur als besonderen Spleen, doch seine Leistungsfähigkeit nahm ab und seinem Vorgesetzten fiel auf, dass er seine Aufgaben nicht so zuverlässig und prompt erledigte wie gewohnt. Dem jungen Mann fällt es von Tag zu Tag schwerer morgens aus dem Hause zu gehen und die Bankkunden zu bedienen. Ständig hat er das Gefühl, alle würden ihn beobachten und über ihn reden. Manchmal steht er bleich, mit Angstschweiß auf der Stirn vor einem Kunden und hat panische Angst. Bald schafft er es nicht mehr zur Arbeit zu gehen und schließt sich in seiner Wohnung ein.
Seiner Mutter waren schon gewisse Veränderungen aufgefallen, aber sie konnte sein seltsames Verhalten nicht zuordnen. Auf ihre Fragen bezüglich seines Befindens antwortet der junge Mann nicht. Da auch Klaus F. selber merkt, dass mit ihm etwas nicht stimmt, lässt er sich nach langem Zögern von seiner Mutter dazu überreden, einen Psychiater aufzusuchen. Dieser rät ihm, nach einer genauen Untersuchung, zu einem stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik, wohin der Arzt den Patienten schließlich auch überweist.
Die Diagnose: Schizophrenie. Klaus F. weiß nicht mehr wie es weitergehen soll.
Für die Mutter des Bankangestellten brach eine Welt zusammen. So vielversprechend hatte sein beruflicher Aufstieg begonnen und jetzt sollte ihr Sohn plötzlich psychisch krank sein? Frau F. konsultierte bezüglich der Krankheit ihres Sohnes mehrere Psychiater, die letztendlich alle eine ähnliche Diagnose abgaben, wie jener Psychiater, der Klaus zuerst untersuchte.
Während sich bei einem Drittel der an Schizophrenie leidenden Personen nach einer länger dauernden medikamentösen Therapie und psychotherapeutischer Unterstützung die Symptomatik dieser Krankheit wieder völlig zurückbildet und daher auch eine berufliche Rückkehr möglich sein kann, hatte Klaus F. weniger Glück. Nach einigen Wochen Aufenthalt in einem psychiatrischen Krankenhaus, kehrte er zwar wieder an seinen Arbeitsplatz zurück, erlitt aber in den folgenden Jahren drei Rückfälle. Das Leben des Mannes hatte sich jetzt endgültig verändert, an eine weitere Karriere als aufstrebender Banker war nicht mehr zu denken.
Psychotherapien und die regelmäßige Einnahme von Medikamenten ermöglichten es Klaus F. zwar ein nahezu beschwerdefreies Leben zu führen, doch ist der junge Mann nicht mehr so belastbar wie früher. Er hegte auch den Wunsch wieder einem Beruf, oder zumindest einer geregelten Tätigkeit nachzugehen. Sein behandelnder Psychiater riet ihm einstweilen davon ab wieder ins Berufsleben einzusteigen, schlug ihm aber vor, mit der Werkstätte Opus, einer Rehabilitierungseinrichtung für Menschen, die an Psychosen leiden, Kontakt aufzunehmen.
Rehabilitation in der
Werkstätte Opus
Im Jahre 1991 wurde in der Wiener Neubaugasse von PsychiaterInnen, sowie SozialarbeiterInnen und PsychologInnen der "Verein zur Schaffung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten für psychisch Kranke (VAB) gegründet und 1993 eine Therapiewerkstätte eröffnet.
"In der Anfangsphase veranstalteten wir Benefizkonzerte und organisierten Spendensammlungen, um die Startkosten aufzubringen," berichtet Maria Gasselseder, die Leiterin der Therapiewerkstätte. Diese bietet den Patienten zwei Bereiche: eine Buchbinderei, sowie eine Holzwerkstätte, wo derzeit 40 Personen, die dort in sechs Werkstättengruppen tätig sind, sich auf einen Wiedereinstieg ins Berufsleben vorbereiten. In der Buchbinderei werden von den Teilnehmern der Arbeitstherapie Schreibwaren und Schachteln hergestellt. Lernspiele werden von den in der Holzwerkstätte Beschäftigten erzeugt.
Das Ziel der Arbeitstherapie ist es, den Personen, die unter Psychosen aus dem Bereich der schizophrenen Störungen oder an manisch-depressiven Erkrankungen leiden, für ein zukünftiges berufliches Engagement wichtige Fähigkeiten, wie Konzentration, Ausdauer, Pünktlichkeit und Selbstsicherheit zu vermitteln, um später den Anforderungen des Berufsalltags besser gewachsen zu sein.
"Die Teilnehmer, die in der Werkstätte Opus beschäftigt sind, haben im Durchschnitt, vor der Aufnahme bei uns eine Krankheitsdauer von zirka zehn Jahren. Das betrifft Personen, die chronisch an einer psychischen Erkrankung leiden und daher am freien Arbeitsmarkt nur sehr geringe Chancen haben," erklärt die Leiterin der Therapiewerkstätte. "Die Teilnehmer an der Arbeitstherapie sind aber hoch motiviert, in stressfreier Umgebung einer geregelten und vor allem sinnvollen Arbeit nachzugehen.
Die betroffenen Frauen und Männer können unter für sie geeigneten Arbeitsbedingungen qualitativ hochwertige Produkte herstellen. Davon können sich Kunden auch in unserem Verkaufsraum in der Stuckgasse überzeugen," führt Gasselseder aus. Ein Großteil der Klienten, die von der Werkstätte Opus betreut werden, hat höhere Schulausbildung und - zumindest einige Jahre - auch einen Beruf ausgeübt, ehe sie erkrankt sind. Für die Arbeit in einem der beiden Werkstättenbereiche erhalten die in Beratung stehenden Personen ein "therapeutisches Taschengeld", das als zusätzlicher Verdienst zu Pension oder Sozialhilfe gedacht ist.
Für die Klienten bietet der Arbeitsplatz in der Werkstätte Opus auch die Chance einer sozialen Integration. Die gemeinsame Arbeit mit anderen Menschen, die ähnliche Erfahrungen mit Krankheiten der Seele gemacht haben, lässt oft Kontakte und Freundschaften entstehen, die eine wertvolle Bereicherung des sozialen Netzes ermöglichen. Die Betreuung durch erfahrene Psychologen gewährleistet, dass Rückfälle schnell erkannt, ärztliche Hilfe rechtzeitig organisiert und Krankenhausaufenthalte weitgehend vermieden werden können.
Eine besondere Marktnische konnte OPUS mit dem Angebot, stabile und dekorative Schachteln nach Maß zu fertigen, erobern. Auch die Lernspiele für Kinder im Vorschul- und Volksschulalter finden regen Absatz. Wer sich für die hergestellten Produkte interessiert, kann sich im Verkaufsraum in der Stuckgasse 7, 1070 Wien (Mo bis Fr 13 bis 17 Uhr geöffnet) umsehen. Die Mitarbeiter der Werkstätte Opus stehen für weitere Informationen gerne zur Verfügung.
Werkstätte OPUS, Neubaugasse 33/1/6, A-1070 Wien, Tel+Fax: 01/52-60-699, E-Mail: opus@gmx.at, Homepage: http://www.werkstaette-opus.at