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Wenn sich Firmen Mitarbeiter teilen

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Erster Arbeitgeberzusammenschluss in Niederösterreich entsteht.


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Wien. Klein- und Mittelbetriebe müssen beim Personaleinsatz besonders flexibel sein. Das betrifft nicht nur jene, die in Branchen mit starken saisonalen Schwankungen tätig sind. Kleinere Firmen stehen oft grundsätzlich vor dem Problem, bestimmte Tätigkeiten auszulagern zu müssen, weil sich eine Vollzeitstelle nicht rechnet. Oft wird dabei auf Leiharbeit zurückgegriffen. Ein Alternativmodell dazu stellt der Arbeitgeberzusammenschluss (AGZ) dar, der in Österreich bislang jedoch noch fast unbekannt ist.

In Frankreich gibt es "Groupements d’employeurs" schon seit Beginn der 1980er Jahre, und auch in Deutschland haben sich mittlerweile Arbeitgeberzusammenschlüsse etabliert.

In Österreich steckt diese Form der Unternehmenskooperation noch in den Kinderschuhen, sie könnte aber jetzt von St. Pölten aus durchstarten. Neun niederösterreichische Unternehmen, darunter das Stiftsrestaurant Melk, das Bowlingcenter NXP Bowling, das Cateringunternehmen Wutzl Gastro und der Naturkosmetikhersteller Styx, werden in den kommenden Wochen einen AGZ in der Rechtsform eines Vereins gründen, um gemeinsam Arbeitskräfte einzustellen und je nach Bedarf in den Mitgliedsunternehmen einzusetzen. "Wir werden zwischen 12 und 20 Mitarbeiter für verschiedene Arbeitsbereiche brauchen, etwa für Marketing, Haustechnik oder Service", sagt Alexander Szöllösy vom Regionalentwickler ProgressNetz, der die neun Firmen an einen Tisch brachte.

Die Ersten sind die Niederösterreicher dennoch nicht: Das Modell AGZ wurde bereits von Juli 2011 bis Februar 2013 in der oststeierischen Landwirtschaft erprobt, doch es blieb beim Pilotprojekt. Der Grund dafür sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Arbeitgeberzusammenschlüsse arbeiten im Gegensatz zu Leiharbeitsfirmen zwar nicht gewinnorientiert, fallen aber - zumindest in Österreich - trotzdem unter das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG). Wutzl-Gastro-Chef Wolfgang Wutzl, der den St. Pöltner AGZ leitet, wird deshalb eine Prüfung ablegen, um die Gewerbeberechtigung als Arbeitskräfteüberlasser zu erhalten.

Dass durch Arbeitgeberzusammenschlüsse dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen werden, ist nur ein positiver Aspekt, unterstreicht Wutzl. Er kann auch dem Umstand, dass die Arbeitgeber eines AGZ bei verschiedenen Arbeitnehmern zum Einsatz kommen, etwas abgewinnen: "Es ist viel Abwechslung drin." Üblicherweise seien es zwei bis vier unterschiedliche Arbeitsplätze, die im Laufe eines Jahres besetzt werden, sagt Szöllösy.

Mehr unter www.arbeitgeberzusammenschluss.at

Wissen: Arbeitgeberzusammenschlüsse

Das Modell der "Groupements d’employeurs" (Arbeitgeberzusammenschlüsse) stammt aus Frankreich, wo es seit 1985 gesetzlich verankert ist. Der Ausgangspunkt lag ursprünglich in der Landwirtschaft. Anfangs durften die Mitgliedsunternehmen nicht mehr als zehn Beschäftigte haben, lange Zeit hatten daher Unternehmen anderer Branchen wenig Interesse an diesem Instrument. 1987 wurde die Schwelle für die Mitgliedsfirmen auf 100 Beschäftigte angehoben, im Jahr 1995 auf 300 Beschäftigte. Dies führte zu einer starken Zunahme von AGZ- Gründungen, mittlerweile gibt es in Frankreich rund 5000 davon, die 36.000 Menschen beschäftigen. Mehr und mehr entwickelten sich AGZ auch in anderen Branchen, zunächst mit wenig qualifizierten Arbeitskräften, zunehmend mit höher und hoch Qualifizierten in allen Branchen: im Handel, in der Industrie, im Handwerk, im Gesundheitswesen, in freien Berufen und im Vereinsbereich. Kombiniert werden nicht mehr nur saisonale Bedarfe, sondern auch Teilzeit- und Gelegenheitsbedarfe. Mittlerweile geht es auch um die gemeinsame Auslastung von Spezialisten. Auch in Deutschland werden Arbeitgeberzusammenschlüsse als vielversprechender und innovativer Ansatz gesehen, um Arbeitsplätze in einer Region zu sichern.