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Wenn sich Uni-Absolventen selbstständig machen...

Von Heike Hausensteiner

Wissen

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Rund ein Viertel der österreichischen Jungunternehmer setzt den Schritt in die Selbstständigkeit aus der scheinbar ausweglosen Situation der Arbeitslosigkeit. Das hat eine interdisziplinäre Studie der Wirtschaftsuniversität und der Universität Wien ergeben. Das Arbeitslosigkeitsrisiko ist gemessen am Bildungsgrad der Bevölkerung dennoch am geringsten unter Akademikern und beträgt 2,2 Prozent (am höchsten bei Pflichtschulabsolventen mit 10,1 Prozent).

Hemmschuh bei einer Unternehmensgründung sind allenfalls: mangelnde Unterstützung in Rechtsfragen, Probleme bei der Finanzierung, steuerliche Belastung, keine zentrale Anlaufstelle für gewerbebehördliche Genehmigungen.

Tatsächlich selbstständig macht sich in Österreich von den Akademikern jeder sechste. Den Gründungsgedanken als Alternative zur unselbstständigen Beschäftigung in den Köpfen der Akademiker zu fördern ist Ziel des EU-Projektes UNIUN. Finanziert vom Europäischen Sozialfonds (ESF) bietet UNIUN, mit Unterstützung des Wissenschafts- und des Wirtschaftsministeriums, Universitätsabsolventen und Studierenden im zweiten Studienabschnitt ein umfassendes Qualifizierungsprogramm im Hinblick auf eine mögliche Existenzgründung. In transnationaler Zusammenarbeit mit den deutschen UNIUN-Projekten in Berlin und Frankfurt werden Existenzgründungsmodelle erprobt und als eine Art "toolbox" (Werkzeugkasten) weiterentwickelt. In Österreich wird UNIUN von einer Arbeitsgemeinschaft bestehend aus dem Business Frauen Center (BFC), der Intercom Unternehmensberatung, der L & R Sozialforschung, dem Außeninstitut der Technischen Universität Wien und dem Club der Universität Wien getragen.

Zielgruppe sind neben Technikern insbesondere geistes-, kultur- und sozialwissenschaftliche Akademiker, erläutert Christian Kraxner vom Club der Uni Wien im Gespräch mit der Wiener Zeitung. Ihre Ausgangssituation am Arbeitsmarkt gilt derzeit als problematisch - dass das Gegenteil der Fall sei, würden UNIUN-Projekte beweisen. Absolventen, die tendenziell eher in "freien Berufen" arbeiten, also Juristen oder Mediziner etwa, wurden bewusst nicht angesprochen. Obwohl gerade diese Akademikergruppe als unflexibel in der Jobwahl gelte, so Lukas Mitterauer von L & R Sozialforschung.

Potenzielle Unternehmensgründer können durch UNIUN das nötige Know-how in betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Bereichen sowie die methodische Kompetenz durch Teamarbeit - zum Großteil kostenlos - erwerben. Aufgrund der spezifischen Qualifizierungserfordernisse der unterschiedlichen Gruppen werden nicht alle Seminare von allen Personen besucht. Zudem können Interessierte einzelne Veranstaltungen buchen. Damit die Vorstellung von einem Unternehmen nicht Illusion bleibt, gibt es eine Ideenwerkstatt, in der das theoretische Gerüst entwickelt beziehungsweise aufgrund einer Markt- und Beschäftigungsanalyse bewertet wird. In einem Unternehmensplanspiel werden die Teilnehmer mit ihrer Rolle als Unternehmer vertraut gemacht.

Bisher haben insgesamt 110 Uni-Absolventen (ausgewählt aus der dreifachen Bewerberanzahl) an UNIUN in Wien teilgenommen, wobei die Kerngruppe rund die Hälfte umfasste. Eine Ethnologie-Plattform, ein Institut für genetische und mikrobiologische Analysen ("Vaterschaftstest"), eine Agentur für kreatives Texten oder für die Entwicklung von Entertainment-Konzepten, eine Forschungsberatung mit technischem Schwerpunkt, eine Innenarchitektur-Beratung oder eine Ethnologie-Plattform sind Beispiele für die Vorhaben und die zum Teil bereits in Gründung befindlichen Unternehmen. Die Beschäftigungswirksamkeit ist noch offen, in der Regel handelt es sich um Ein-Mann- bzw. Ein-Frau-Betriebe.

Die erste Phase von UNIUN ist bis Ende 1999 anberaumt. Dann soll das Projekt in europäischer Zusammenarbeit fortgeführt werden, allerdings steht die Genehmigung noch aus, berichtet Mitterauer. Ein "Business-Plan-Wettbewerb" soll die gemeinsame Klammer bilden, die den Interessenten von der Gründungsidee bis zum Finanzierungsplan weiter flankierende Massnahmen anbietet.

Am 4. November werden sich die Neo-Unternehmer bei einer Präsentationsmesse in Wien erstmals der Öffentlichkeit vorstellen - und an diesem Tag eventuell ihre Markteintrittsphase beginnen.

Informationen zu UNIUN gibt es beim Club der Universität Wien unter Tel. 01/42 77-18 140 Dw. und auf der Homepage http://uniun.tuwien.ac.at . Über Unternehmensgründungen informieren u.a. die Zentren für Berufsplanung an den Universitäten, der Frauenservice des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds unter Tel. 01/4000/186 160, im Internet unter www.wwff.gv.at sowie die Berufsförderungsinstitute.