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Acht Neuerscheinungen hat die Agentur für dieses Jahr bereits fixiert.
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Wien. An ihrem rechten Ohr baumelt eine Spielkarte als Ohrring, ihre Halskette besteht aus kleinen Würfeln. Auch im Büro von Anita Landgraf im Wiener Museumsquartier ist nicht zu übersehen, womit sie sich beruflich beschäftigt: In einem Regal stapeln sich Prototypen von Spielen und Figuren, gegenüber liegen Brett- und Kartenspiele ihrer Agentur White Castle, die bereits von Verlagen veröffentlicht wurden - darunter "Die geheimnisvolle Sternschnuppe" und "Disney Cars 2".
Landgraf entwickelt gemeinsam mit Autoren Ideen für Spiele und prüft eingesendete Prototypen, eine Mitarbeiterin ist für die Administration zuständig. Weltweit existieren nur wenige Unternehmen dieser Art, erzählt die 28-Jährige: etwa in Deutschland, Großbritannien und Israel.
Zum einen kreiert White Castle im Auftrag von Firmen maßgeschneiderte Spiele, die Inhalte spielerisch vermitteln, beispielsweise das "Bahnbau Spiel" für die Wiener Linien. Im Auftrag des Verlages werden Sondereditionen von Klassikern aufgelegt, wie für den Wiener Hersteller Piatnik das "Alpen-DKT" oder das "Wien-DKT", bei dem Kaffeehäuser und Hotels eröffnet werden.
Nur eine von zehn Ideen schafft es ins Regal
Außerdem arbeitet Landgraf mit Spieleautoren zusammen, um deren Ideen marktfähig zu machen. "Das Know-how, in welches Genre eine Idee einzuordnen ist und zu welcher Zielgruppe es passt, fehlt vielen Spieleentwicklern", sagt Landgraf. Manchmal fehlt der Witz - mit kleinen Änderungen versucht Landgraf dann, Spaß hineinzubringen. Oft schafft es ein Prototyp nicht auf den Markt, weil es bereits ein ähnliches Produkt gibt.
Um die Ideen zu vermarkten, besucht Landgraf diese Woche mit 70 bis 80 Prototypen im Gepäck die Spielwarenmesse im deutschen Nürnberg, um die Ideen den Verlagen vorzustellen und zum Testen mitzugeben.
"Ich sehe es als meinen Auftrag, Spiele als Kulturgut zu vermitteln", sagt Landgraf. Ins Unternehmen eingestiegen ist sie im Jahr 2008 - durch Zufall, weil sie als Studentin in einem Lokal arbeitete, wo regelmäßig Spieleabende stattfanden. Dort lernte sie den White-Castle-Gründer Ronald Hofstätter kennen, von dem sie das Unternehmen im September 2011 übernommen hat. Hof-stätter konzentriert sich nun auf die Entwicklung von Spielen.
Der Weg bis ins Regal ist steinig: Weltweit erscheinen rund 1000 bis 2000 Spiele pro Jahr. Rund eine von zehn Ideen schafft es tatsächlich, von einem Verlag veröffentlicht zu werden, schätzt Landgraf. Hauptberuflich arbeiten nur wenige Spieleautoren, die meisten sehen die Entwicklung als Hobby. Viele sind Designer und Mathematiker, so Landgraf.
"Keiner nimmt sich mehr die Zeit, Anleitungen zu lesen"
Gestestet werden die Ideen beim Autoren-Stammtisch in der Spielbar im 8. Wiener Gemeindebezirk. Hier können Interessierte mit oder ohne eigene Prototypen vorbeikommen, Entwickler bekommen Feedback zu ihren Ideen. Kindergarten- und Schulkinder testen Spiele für Jüngere. "Da bekommt man ehrliches Feedback, ob ein Spiel fad ist", sagt Landgraf. Und es zeige sich, ob die Idee altersgerecht ist - zu viele Figuren überfordern Kinder beispielsweise.
White Castle ist außerdem exklusiver Partner des US-Spieleherstellers Hasbro in Europa und prüft und beurteilt eingesendete Spieleideen. "Da kommt auch viel Wahnsinn herein", sagt Landgraf. Ein Vorschlag kam eindeutig aus der Neonazi-Szene; bei einem Model-Monopoly siegte, wer am wenigsten Kilos auf die Waage bringt. Die Favoriten von Landgraf selbst sind das satirische Brettspiel "Junta" und das chinesische Kartenspiel "Tichu". Der Trend gehe zum Spielen am Smartphone und iPad sowie zu einfachen Spielen, bei denen die Regeln schnell erklärt sind: "Es nimmt sich keiner mehr die Zeit, Anleitungen zu lesen." Außerdem werden immer mehr elektronische Elemente wie ein digitaler Lesestift eingebaut.
Acht Spiele von White Castle werden bereits fix in diesem Jahr von Verlagen in Lizenz veröffentlicht, darunter "Schräge Vögel" für Kinder. Da die Branche sehr dynamisch ist, bleibt jedes zweite Produkt weniger als zwei Jahre auf dem Markt. Landgraf hat sich daher für heuer folgendes Ziel gesteckt: "Wir wollen mehr Spiele veröffentlichen, als aus dem Programm genommen werden."