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Portale schneiden Werbung genau auf Surfverhalten zu. | Datenschützer haben Bedenken gegen Remarketing. | Wien. (sf) Seit etwa einem Monat können Werbekunden der Suchmaschine Google Nutzer beim Surfen durchs Netz verfolgen und ihnen auf ihr Surfverhalten zugeschnittene Anzeigen einblenden. Google nennt diesen Dienst "Retargeting", Kritiker sprechen jedoch von "Verfolgerwerbung".
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Mittels Remarketing sollen unentschlossene Kunden nochmals angesprochen und zum Kauf bewegt werden. Außerdem können bestehende Kunden an die Marke erinnert und mit speziellen Angeboten umworben werden. "Klassischerweise wird Online-Werbung passend zum Inhalt der Seite geschalten. Nun passt sich die Werbung an das Nutzerverhalten an", erklärt Herwig Seitz, Partner der Internet-Marketingagentur CPC Consulting.
Sinn macht personalisierte Werbung zum Beispiel für einen Weinhändler, dessen Onlineshop zwar viele User besuchen, aber nur wenige davon etwas kaufen.
Spezielle Anzeigen können über Googles Werbenetzwerk gezielt an die aufgezeichnete Liste dieser Besucher gerichtet werden: Wenn der Nutzer beispielsweise auf der Website einer Zeitung weitersurft, wird ihm die Anzeige des Händlers eingeblendet. Damit erhoffen sich Firmen, potenzielle und ehemalige Kunden zurückzuholen.
Hinter den auf den Nutzer zugeschnittenen Anzeigen steckt ein unsichtbarer Google-Code, den der Werbekunde auf seiner Website einbaut und der die besuchten Seiten verfolgt. Dieser Code zeichnet etwa auf der Website eines Online-Shops auf, für welche Produkte sich der Nutzer interessiert und wie weit er im Bestellvorgang gekommen ist.
Facebook: "Like"-Button als Wendepunkt für Web
"Die Werbemethode ist extrem effizient für die Unternehmen", sagt Seitz. Besuchern, die schon einmal auf der Seite des Unternehmens waren, könnte man statt allgemeiner Werbung spezielle Produkte und Angebote offerieren.
Google verrechnet den werbenden Unternehmen nach Klicks. Die Internetsuchmaschine, die in Österreich laut Experten rund 50 Prozent des gesamten Online-Werbemarktes hält, hat sich mit der Einführung Zeit gelassen: Remarketing gibt es seit rund zehn Jahren, ein Jahr lang testete der Suchmaschinengigant die Methode.
Die Konkurrenz ist groß: Facebook bietet seinen Kunden Werbekästen mit dem Button "Gefällt mir" ("Like"). Bisher wurde dieser "Daumen hoch"-Knopf nur auf Facebook-Seiten verwendet, nun kann er auf jeder Internetseite eingebaut werden.
Klicken Facebook-User auf diesen Button (der bis vor kurzem "Fan werden" hieß), so sehen das alle Freunde. Facebook sammelt die Daten, welche Seiten sich der Nutzer anschaut, und verknüpft diese zu einem "Social Graph". Dieser bildet nicht nur die Beziehungen im Internet-Netzwerk ab, sondern auch das Surfverhalten. Mit diesem Nutzerprofil können werbende Firmen ihre Anzeigen gezielter und ohne Streuverluste schalten.
Vor zwei Wochen stellte Facebook-Chef Mark Zuckerberg den "Gefällt mir"-Button auf der Entwickler-Konferenz f8 vor - und schon jetzt ist der Facebook-Kasten auf unzähligen Websites zu finden.
"Das Internet ist jetzt an einem wichtigen Wendepunkt", verkündete Zuckerberg. Facebook verfügt derzeit noch über ein kleineres Werbenetzwerk als Google. Doch in den USA hat Facebook Google als Nummer eins am Online-Werbemarkt laut Experten mittlerweile überholt. "Mit dem Gefällt mir-Button hat Facebook gegenüber Google die Nase vorne. Interessant wird nun, was Google draufsetzt", sagt Seitz.
Jeder zweite User gegenpersonalisierte Werbung
Die Nutzer lehnen personalisierte Werbung jedoch ab, wie eine Umfrage des Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Fittkau & Maaß unter rund 120.000 deutschsprachigen Internetnutzern zeigt. 52 Prozent der Nutzer geben an, dass ihnen mindestens einmal pro Woche personalisierte Produktempfehlungen und Werbung im Internet auffällt. Nur sechs Prozent sind positiv gegenüber personalisierter Online-Werbung eingestellt. Jeder zweite Befragte lehnt sie ab. Produktempfehlungen steht lediglich jeder Vierte kritisch gegenüber.
Gute Werbung darf nicht zu aufdringlich sein - sonst kann sie den Nutzern schnell auf die Nerven gehen und ihnen das Gefühl geben, dass sie beim Surfen im Netz überwacht werden. Und damit erreichen die Firmen genau das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen. 62 Prozent der Befragten befürchten, dass der Datenschutz bei personalisierter Werbung missachtet wird, ebenso viele fühlen sich beobachtet.
Google kontert, dass jeder Nutzer die Option deaktivieren kann, dass Anzeigen auf Interessenkategorien basieren - allerdings ist der Link schwer zu finden. Außerdem erkenne die personalisierte Werbung nicht die Person, sondern den Browser eines Nutzers.
Datenschützer stehen dem Remarketing kritisch gegenüber: "Das ist eindeutig verboten. Es werden personenbezogene Daten gespeichert, da man eine Person anhand der Daten identifizieren kann", sagt Hans Zeger, Obmann der Arge Daten. Die Methode entspreche nicht den europäischen Datenschutzvorstellungen. Denn ein Betroffener müsse die Sachlage kennen und ausdrücklich einwilligen, dass die über ihn gewonnenen Daten abgeglichen und verknüpft werden, betont Zeger.