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"Wenn wir jetzt nicht anzah’n, dann..."

Von Alexander Maurer

Politik
Häufiger unter das Volk mischen , will sich Bürgermeister Michael Häupl (M.). Im Bild vor der Wien-Wahl mit Schlager-Kombo.
© Thomas Peschat

SPÖ will mit Nachbarschaftsaktion wieder unter die Bürger und Wählerstimmen zurückgewinnen.


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Wien. "Ich werte dieses Wahlergebnis nicht als Auftrag, so weiterzumachen wie bisher." Seit diesem Ausspruch von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kurz nach den Wien-Wahlen im vergangenen Oktober sind bereits sechs Monate ins Land gezogen. Passiert ist aber augenscheinlich nicht viel. Das soll sich nun ändern, wenn es nach Häupl und Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler geht.

Ein Mittel, um potenzielle Wähler anzusprechen, soll eine Nachbarschaftskampagne sein. Am Dienstag verkündeten die beiden, dass die Vorbereitungen zur Kampagne abgeschlossen sind.

Der Dialogvor der Befragung

Nach einer Einschulung in Gesprächsführung und in die Hauptthemen sollen die SPÖ-Mitarbeiter in den Dialog mit den Wienern treten, erklärt Niedermühlbichler. Schwerpunkte seien die Bereiche "Bildung", "Wohnen", "sozialer Zusammenhalt" und "Zusammenleben". Aus den Gesprächen wird ein Fragebogen erarbeitet, denn die eigentliche Grätzlbefragung wird erst im Herbst stattfinden. Ab November werden dann die Ergebnisse präsentiert. Die ganze Vorbereitung schlägt sich also erst 2017 in konkreten Nachbarschaftsprojekten nieder. Diese wollen die Roten gemeinsam mit den Grätzlbewohnern erarbeiten, sagt Niedermühlbichler.

Auch die bereits beschlossene Parteireform befinde sich in der Vorbereitung und Planung, sagt der Landesparteisekretär. Beispielsweise sollen Tätigkeiten und Aufgaben in den Bezirken, Sektionen und der Landesorganisation auf ihre Sinnhaftigkeit durchleuchtet werden. Ebenso wird die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Organisationseinheiten der Genossen auf den Prüfstand gestellt. "Die Nachbarschaftskampagne ist dafür auch ein wichtiges Vehikel", betont Niedermühlbichler. "Wir wollen keine Parteireform am grünen Tisch oder am Reißbrett machen, sondern mit der Kampagne schauen, was wo funktioniert und was nicht", fügt er an.

Darüber hinaus soll die Effizienz bestehender Abläufe hinterfragt werden, beispielsweise, ob eine Mitgliederverwaltung nicht besser zentral anstatt in den Bezirken und der Landesorganisation erfolgen solle. Sektionen sollen nicht abgebaut werden, aber besser funktionieren. Auch von einer verstärkten Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements und mehr Interaktion mit den Wienern, statt langer Sektionssitzungen ist die Rede. "Ganz nach dem Motto ,Weniger sitzen, mehr bewegen‘", sagt Niedermühlbichler.

"Locker lassen" ist nichtmehr drin

Die angepeilte Parteiöffnung und Erdung ist nicht der erste Versuch der Wiener Sozialdemokratie, wieder näher an den Bürger zukommen. "Natürlich haben wir immer wieder Anläufe genommen, das hat dann jeweils eine Zeit lang funktioniert und ist dann wieder in Vergessenheit geraten - und das ist jetzt freundlich ausgedrückt", sagt Häupl und fügt gleichzeitig hinzu, dass sich die Wiener SPÖ "nicht mehr leisten" könne, ihre Vorsätze zu vergessen.

Aber wieso sind die wiederholten Neuordnungsversuche jedesmal unter den Tisch gefallen? "Natürlich ist es ein wenig dem Versuch anzusiedeln, dass man, solange die Wahlergebnisse alle sehr gut sind, meint, man könne da etwas locker lassen", räumt Bürgermeister Häupl im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" ein. Die "Freunde" in der Partei hätten aber mittlerweile begriffen, dass es kein Lockerlassen mehr geben kann, sagt Häupl. Der Beschluss der Organisationsreform müsse ernst genommen und umgesetzt werden, nicht zuletzt im Hinblick auf die Wien-Wahlen 2020. "Wenn wir jetzt nicht anzah’n, dann...", beendet der Bürgermeister den Satz mit einer vielsagenden Pause. Darauf angesprochen, ob die Organisationsreform Früchte tragen wird, bleibt er optimistisch. "Es wird klappen", gibt sich Häupl überzeugt. Dementsprechend will er auch keine Konsequenzen beschwören, sollte es dann doch nicht so laufen, wie erhofft. "Es hat keinen Sinn, sofort wieder den Pessimismus reinzutragen", erklärt er. An einen Plan B zur Organisationsreform wird also vorerst nicht gedacht.