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Wenn Zahlen erzählen

Von Julia Rumplmayr

Wissen

Warum haben Chinesen Angst vor der Zahl 4, was macht die 13 zur Unglückszahl und die 7 zur Glückszahl? Über übersprungene Stockwerke, böse Feen und die Symbolik von Zahlen - zwischen Glaube und Aberglaube.


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Aller guten Dinge sind drei. Außerdem sollte man am Freitag, dem 13. mehr als sonst auf sich aufpassen, Blumen nur in ungeraden Anzahlen zu Sträußen binden - und während in Europa so mancher am 4. 4. heiratet, würde in China wohl niemand auf die Idee kommen, sich diese "Todeszahl" für einen schönen Anlass auszuwählen. Zahlen bestimmen unser ganzes Leben, und Glaube und Aberglaube um ihre Bedeutungen sind nicht selten so alt wie die ältesten Dokumente der Menschheit. Die guten Eigenschaften, die man 3, 7 oder 12 zuschreibt, die schlechten, die man etwa der 13 andichtet, haben ihre Ursprünge in der Bibel, heidnischen Sagen oder alten Märchen. Mit Zahlen versuchte man auch damals, Ordnung in ungeordnete Welten zu bringen.

An einem TischAls unheilvollste Zahl im westlichen Raum gilt die 13. Manche wählen gerade sie zu ihrer Glückszahl - aber vielleicht gerade aus dem Aberglauben, dem Schicksal so ein Schnippchen schlagen zu können. Viele Menschen gehen vorsichtiger aus dem Haus, wenn der Kalender einen Freitag, den 13. anzeigt. Obwohl es keinen Grund gibt, dass an einem 13. mehr Unglücksfälle als üblicherweise passieren sollten, herrscht eine gewisse Grundvorsicht. Diese Vorsicht kann auch zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden - Studien haben nämlich ergeben, dass am Freitag, dem 13. tatsächlich mehr Autounfälle passieren, schreibt Jamie Buchan in seinem Buch "Pi mal Daumen", das sich der Bedeutung der Zahlen widmet. Wahrscheinlich seien es Angst und übertriebene Vorsicht, die zu dieser Häufung führen. Die Angst vor der Zahl 13 hat sogar einen eigenen Namen: Triskaidekaphobie. Auf die ist etwa zurückzuführen, dass in manchen Hochhäusern der 13. Stock ausgelassen wurde und gleich der 14. nach dem 12. kommt. Bei Einladungen werden von abergläubischen Gastgebern niemals 13 Personen an einen Tisch gesetzt, weil einer davon bald sterben könnte. Auch in Flugzeugen fehlt manchmal die 13. Reihe, in Krankenhäusern und Hotels die Zimmernummer 13, im Motorsport verzichtet man auf die Startnummer 13. Der Mythos um die Zahl 13 stammt unter anderem aus dem Neuen Testament. Zu den zwölf Teilnehmern am letzten Abendmahl kam der verräterische 13., Judas, als Letzter dazu. Auch in einer altnordischen Sage ist es Gott Loki, der als 13. zum Tisch in Wallhall kommt und den Gott der Schönheit umbringt. Nach diesem Schema läuft auch das Märchen Dornröschen, bei deren Taufe zwölf Feen eingeladen sind - die dreizehnte ist erbost darüber, nicht gebeten worden zu sein, und verflucht Dornröschen und die gesamte Festgesellschaft.

Was die 13 für die Menschen im Westen ist, ist für den fernen Osten die Zahl 4 - wenngleich der Respekt davor noch ungleich größer ist als in den westlichen Ländern vor der 13. In China hat die Symbolik der Zahlen besonders große Bedeutung. Dadurch, dass manche Zahlen durch den Klang der Sprache neben der Zahlenbedeutung noch eine weitere Bedeutung bekommen, erhalten sie eine Verbindung zu Glück oder Unglück. Vier ist gleichklingend mit "Tod" und die stärkste Unglückszahl. Zahlen, in denen eine 4 vorkommt, werden mit dem Tod assoziiert. Also wird in China in Häusern oft das vierte Geschoß ausgelassen, in Taiwan endet kein Autokennzeichen auf 4, viele in China hergestellte Produkte wechseln von der Modellzahl 3 gleich auf 5. Das komplette Gegenteil stellt die 8 in der chinesischen Numerologie dar: Die Zahl 8 klingt wie das Wort Reichtum und steht in Zusammenhang mit dem Achtfältigen Pfad des Buddhismus. Telefonnummern und Autokennzeichen mit möglichst vielen Achtern stehen also hoch im Kurs, Hochzeitstermine am 8. August ebenso. Die nationale Bedeutung der Zahl zeigt sich auch bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking, die am 8. 8. um 8.08 Uhr eröffnet wurden. Zwischen den Polen 4 und 8 befinden sich die anderen Zahlen der Numerologie: Auch 6 und 9 gelten als Glückszahlen, 9 bedeutet "Stabilität" und "anhaltendes Glück", 6 "glatt" oder "leicht", auch 1, 2 und 3 werden als glückliche Zahlen wahrgenommen, die 7 wird wie die 4 mit Tod und Tragik verbunden.

Auch im Westen haben die Zahlen komplexe Bedeutungen: Die 1 steht meist für Einheit, die 2 für Dualität, Teilung und Zusammenhalt. In der Zahl 3 zeigt sich die Bedeutung von Religion und Mythologie für die Symbolik einer Zahl am deutlichsten. Vor allem ist es die Heilige Dreifaltigkeit aus Vater, Sohn und Heiligem Geist, die der 3 ihre Kraft gibt. Und auch in vielen weiteren Beispielen erhält die Zahl drei eine besondere Bedeutung in der Bibel: "Jesus erhält drei Gaben von drei Heiligen Königen, lehrt drei Jahre lang und steht nach drei Tagen von den Toten auf. Das Jenseits hat oft drei Ebenen: Himmel, Hölle und Fegefeuer", schreibt Jamie Buchan. Auch in anderen Religionen spielen Trinitäten große Rollen. Die drei steht für Stabilität: die Dreiheit von Vater, Mutter und Kind, ein Dritter vermittelt zwischen zwei Streitparteien, ein Hocker kann erst durch das dritte Bein stehen, das Dreieck ist die einfachste geometrische Figur. Und auch in Märchen spielt die 3 eine große Rolle, wenn Feen drei Wünsche vergeben oder Märchenhelden drei Prüfungen zu bestehen haben. Die Zahl 4 hat im Westen nicht die todbringende Bedeutung, die sie im Osten hat. Vielmehr steht sie für die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer, die vier Himmelsrichtungen, die vier Jahreszeiten. In der christlichen Religion sind es die vier Evangelien. Im Islam wiederum hat die Zahl 5 größere Bedeutung, hier gibt es die fünf heiligen Pflichten der Gläubigen, im Judentum besteht die Thora aus den fünf Büchern Mose.

Glückliche Acht wie im achtfältigen Pfad des Buddhismus.
© © © Pascal Deloche/Godong/Corbis

Blue-Seven

Die Zahl 7 hat wieder eine besondere Stellung - sie ist die Addition von drei und vier, den Zahlen der Stabilität und der Elemente. "Die Bedeutung der Zahlen 3 und 4 wird in der Bibel überdies dadurch hervorgehoben, dass das Volk Israel drei Urväter Abraham, Isaak und Jakob und vier Urmütter Sara, Rebekka, Lea, Rachel besitzt. Die Summe 7 von 3 und 4 und das Produkt 12 von 3 und 4 spielen dementsprechend gewichtige Rollen", schreibt der Mathematiker Rudolf Taschner in seinem Buch "Der Zahlen gigantische Schatten". Und so ist die 7 in der Religion und Mystik ständig anzutreffen: in den sieben Bitten des Vaterunser, den sieben Sakramenten, den sieben Tugenden, den sieben Todsünden, den sieben Gaben des Geistes und den sieben Werken der Barmherzigkeit. Im ersten Buch Mose wird die Welt in sieben Tagen, sechs Tagen und einem Ruhetag, erschaffen. Sieben Himmelskörper waren es außerdem, die man mit bloßem Auge von der Erde erkennen konnte, sieben Tage hat unsere Woche, man spricht von den sieben Weltmeeren und sieben Weltwundern der Antike. Die 7 ist außerdem eine sehr beliebte Zahl - Verhaltensforschungen haben ergeben, dass Menschen, wenn sie ihre Lieblingszahl zwischen 1 und 9 wählen können, die Zahl 7 nehmen. Als liebste Farbe wird am häufigsten Blau genannt, weshalb das Ergebnis "Blue-Seven-Phänomen" heißt. Das Produkt aus 3 und 4, die 12, finden wir wiederum in den zwölf Stunden des Tages und den zwölf Monaten des Jahres - auch hier gibt es eine Verbindung zur Religion: Das Volk Israel besteht aus zwölf Stämmen und die Kirche kennt als das neue Israel zwölf Jünger Jesu, führt Taschner aus.

Die Symbolik der Zahlen endet also bei weitem nicht bei den einstelligen Zahlen: Eine besondere Bedeutung soll etwa die 23 haben, die in vielen Verschwörungstheorien vorkommt, 666 ist eine geheimnisumwobene Zahl im Okkultismus und der Musikkultur, und in der jüngeren Literatur liefert eine Zahl gar die Antwort auf alle Fragen: In Douglas Adams "Per Anhalter durch die Galaxis" soll ein Supercomputer die Frage "nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest" lösen und kommt nach sieben Millionen Jahren Rechenzeit auf eine Antwort: 42.

Bücher:

Jamie Buchan: "Pi mal Daumen. Was Zahlen erzählen", dtv

Rudolf Taschner: "Der Zahlen gigantische Schatten. Die fantastische Welt der Mathematik", dtv