Deutsche Post bekommt Konkurrenz im Kerngeschäft. | Frankfurt. Wenn der Postmann zweimal klingelt, muss er in Deutschland bald nicht mehr Mitarbeiter der Deutschen Post sein. Ab dem nächsten Jahr werden auch Zeitungszusteller Briefe bringen und sogar abholen. Wenn das Bundeskartellamt die Genehmigung erteilt, wird dem ehemaligen Staatsbetrieb Deutsche Bundespost ein kräftiger Mitbewerber entstehen.
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Am lukrativen Briefgeschäft wollen sich die Medienkonzerne Axel Springer, der Georg von Holtzbrink-Verlag sowie die WAZ-Gruppe beteiligen. Als Vierter im Bunde kommt die Luxemburger Beteiligungsgesellschaft Rosalia hinzu. Jeder der Gesellschafter soll über ein Viertel der Anteile verfügen.
Noch hat die neue Gesellschaft für Briefzustellung keinen Namen. Dafür steht schon fest, dass die Zentrale für das operative Geschäft in Berlin, die Verwaltung in Luxemburg angesiedelt sein sollen. "Wir werden bis Ende 2006 ein bundesweites Zustellnetz aufgebaut haben", versprach der designierte Vorstandschef Günter Thiel, der Gründer und ehemaliger Vorstand des Logistikunternehmens Rosalia in Luxemburg.
Laut Thiel verspricht sich der neue nationale Zustellerservice fünf Jahre nach dem Start einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro. Das Joint Venture der drei Medienunternehmen bringt beträchtliche Kompetenzen mit: So sind Springer ("Bild", "Welt") und Holtzbrink ("Die Zeit", "Tagesspiegel") mit ihrem Tochterunternehmen Pin AG in Berlin, Köln, Frankfurt am Main und Leipzig auf dem Markt für Postzustellung präsent. Zusammengeführt werden zudem noch die schon im Ruhrgebiet operierenden Unternehmen WPS der WAZ-Gruppe ("Westdeutsche Allgemeine Zeitung"), die Thüringer ThPS sowie die Springer-Tochter PDV in Hamburg.
Deutsche Post wird international
Die Verlage hoffen auf ein attraktives Geschäft, wollen sie doch um 15% günstiger arbeiten als der bisherige Monopolist. Die Deutsche Post reagiert jedoch ruhig auf die Offensive der Medienverlage. "Das ist ein normaler Vorgang", sagte der Unternehmenssprecher der Deutschen Post, Dirk Klasen, in Bonn lediglich, zumal laut Postgesetz das Monopol für den Briefversand für Sendungen bis 100 Gramm sowieso Ende 2007 fällt. So konzentriert sich Post-Chef Klaus Zumwinkel seit langem schon darauf, den ehemals als Staatsunternehmen abgestempelte Betrieb in eine Zukunft als internationales Logistikunternehmen zu schicken.. Das Bonner Unternehmen steht derzeit kurz vor der Übernahme der britischen Logistikfirma Exel, für den die Postler 5,3 Mrd. Euro (8,2 Mrd. Franken) hinblättern wollen. Das wäre der teuersten Zukauf, den die Post je getätigt hat.