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Eine neue Studie spricht sich für Steuerautonomie der Länder und einen transparenten Finanzausgleich aus.
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Wien. Kaum ein Thema verdeutlicht die komplexe Struktur des österreichischen Föderalismus besser als die Debatte um den Finanzausgleich. Seit die Republik im Jahre 1948 festlegte, wie die eingehobenen Steuern auf die Bundesländer verteilt werden, gibt es Versuche das System zu vereinfachen. Kaum ein Finanzminister in der Zweiten Republik, der nicht angetreten ist, das System neu zu organisieren. Gescheitert sind die Versuche bisher samt und sonders.
Über die Jahre haben sich die Geldflüsse zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu einem wahren Dickicht ausgewachsen (siehe Grafik). Der Fiskalrat übt Kritik und sieht "erhebliche systemische Schwächen im Zusammenwirken der Gebietskörperschaften". Wer bestimmt, für welchen Zweck Gelder verwendet werden, ist selten der, der sie auch einhebt, oft auch nicht der, der sie ausgibt. Nutznießer von öffentlichen Ausgaben sind selten diejenigen, die auch dafür zahlen oder die Ausgaben zu verantworten haben.
Theoretisch gibt es zwei mögliche Wege aus dem Dilemma: Ein stärkerer Zentralismus, verbunden mit einer Schwächung der Bundesländer, oder aber ein Ausbau der Länderkompetenzen, also mehr Föderalismus statt weniger. Letzteres ist ganz im Sinne von Ökonom Christian Keuschnigg. "Steuerautonomie der Länder führt zu mehr Effizienz, zu mehr Bürgernähe und zu einem Standortvorteil Österreichs", so Keuschnigg bei der Präsentation einer neuen Studie im Auftrag der liberalen Denkfabrik "Agenda Austria".
Heilsame Konkurrenz
Aufgrund der im Finanzausgleich zugewiesenen fixen Summen könnten die Länder weder einsparen noch höhere Ausgaben selbst finanzieren. Dürften die Länder beispielsweise einen Teil der Lohn- und Einkommenssteuer oder der Körperschaftssteuer selbst einheben und auch über die Höhe bestimmen, würde dies zu einer Konkurrenzsituation führen. Eher strukturschwache Länder würden dann ihren Standort durch niedrigere Steuern attraktiver machen, strukturstarke Länder könnten ihren Steueranteil erhöhen, um zum Beispiel Großprojekte zu finanzieren. Die höheren Steuern würden sich in diesen Ländern nicht negativ auf den ohnehin meist attraktiven Standort auswirken.
Der folgende Standortwettbewerb hätte einer belebenden Wirkung auf die Wirtschaft und führe zu mehr Mobilität, so Keuschnigg. Der Finanzausgleich soll Keuschniggs Modell zufolge "transparent und effizient" gestaltet werden, Umverteilung zwischen "starken" und "schwachen" Ländern soll es also weiterhin geben. Dass der "Vollzugsföderalismus" sich überlebt hat, davon ist auch der grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann überzeugt. Aber: "Lohn- und Einkommenssteuer sind auch ein Mittel der Umverteilung und beim Bund gut aufgehoben", so Rossmann zur "Wiener Zeitung". Bei der Körperschaftssteuer versuche man auf europäischer Ebene den "ruinösen Steuerwettbewerb" zu beseitigen und die Körperschaftssteuern zu vereinheitlichen.
Auch SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer zeigt sich wenig begeistert von Keuschniggs Vorschlägen: "Steuerwettbewerb nützt vor allem den Reichen. Das sieht man in Europa."
Der Finanzausgleich verteilt die vom Bund eingehobene Steuern zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Das Volumen beträgt aktuell rund 85 Milliarden Euro pro Jahr, davon bekommen die Länder rund 22 Prozent, die Gemeinden etwas mehr als 11 Prozent - zusammen rund ein Drittel der Steuereinnahmen. Die aktuelle Vereinbarung stammt aus 2008, wurde zweimal verlängert und läuft Ende 2016 aus. Die Verhandlungen für einen neuen Finanzausgleich ab 2017 sollen bis zum Frühjahr abgeschlossen sein.
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