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ORF will Minus von 36 Millionen mit Gebührenerhöhung kompensieren. | Es gäbe Alternativen, nur sind sie politisch nicht durchzubringen. | Orchestriert von diversen Hiobsbotschaften, die den ORF praktisch am Rande des Ruins sehen, wird am Donnerstag der ORF-Stiftungsrat über eine Anhebung der ORF-Gebühren um knapp zehn Prozent entscheiden. 1,30 Euro soll jeder Teilnehmer pro Monat mehr dafür zahlen, dass er ein Empfangsgerät besitzt (egal ob er damit auch den ORF konsumiert oder nicht).
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ORF-Chef Alexander Wrabetz ist in keiner beneidenswerten Situation, denn aus seiner Sicht hat er zur Gebührenerhöhung keine Alternative: 36,5 Millionen Minus macht der ORF ohne Erhöhung 2008. Noch kann man das locker aus den üppigen Rücklagen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich begleichen, aber in ein paar Jahren ist damit Schluss. Denn die Werbeerlöse werden weiter sinken - laut ORF-Prognose von 300 auf 256 Millionen pro Jahr. Zudem fehlen bei den Quoten derzeit knapp fünf Prozent aufs Vorjahr: Schuld sind die missglückte Programmreform und der Frust über die Digitalisierung, die dazu geführt hat, dass 300.000 Menschen schlagartig auf den ORF-Empfang verzichten. Das ist eine Katastrophe, denn jedes Prozent Marktanteilsverlust kostet Geld auf dem Werbemarkt. Und was die Werbung nicht einspielt, müssen nun eben die Gebührenzahler ausgleichen, so die nicht ganz unlogische ORF-Argumentation.
Was gemeinhin jedoch nicht gesagt wird: Es gäbe sehr wohl Alternativen zur Gebührenerhöhung, wenngleich diese die Schlachtung gleich einer ganzen Herde von Heiligen Kühen gleichkämen. Da wäre einmal das System, dass das, was als "ORF-Gebühr" vom Konto abgezogen wird, nur zu etwa zwei Dritteln dem ORF zugute kommt. Satte 110 Millionen kassierten 2006 alleine die Bundesländer NÖ, Wien, Salzburg, Kärnten, Burgenland, Steiermark und Tirol (siehe unten). Würden diese Länder darauf verzichten, wäre der ORF auf Jahre finanziert. Dass die Länder verzichten, ist unwahrscheinlich.
Apropos Länder: Der ORF muss sich bei naiver Ansicht seiner Struktur auch die Frage gefallen lassen, warum er sich neun Landesstudios samt eigener Führungsstruktur und Gebäuden leistet - und ob es nicht regionale Redaktionsbüros auch täten. Alleine im Osten hat der ORF im Umkreis von 60 Kilometern drei Landesstudios. Einsparungen bei den Landesstudios sind jedoch politisch das absolute Tabu - darauf achten die Landeshauptleute (und ihre Vertreter im ORF-Stiftungsrat) sehr genau.
Auch die Frage, ob der ORF wirklich ein eigenes Symphonieorchester braucht, wurde schon vor Jahren nach einem Aufschrei der Kulturliebhaber eingesargt: Wer hier den Sparstift ansetzt, holt sich ein blaues Auge - und das ist Wrabetz klar.
Wenn wir schon beim Einsparen sind: Die Gebührenerhöhung rechtfertigt der ORF gerne mit gestiegenen Kosten für Rechte im Sport- und Fictionbereich. Das ist originell: Schließlich ist es ja kein Naturgesetz, dass der ORF alle Sportarten übertragen muss, ganz gleich wie viel Geld internationale Rechteagenturen ihm dafür abzupressen versuchen. Wenn Fußball, Formel 1 oder Weltmeisterschaften zu teuer werden, kann man es ja einmal ohne versuchen. Vielleicht brächte ja ein Alternativprogramm sogar mehr Quote?
Auch muss man sich nicht für jeden Hollywoodfilm die Rechte kaufen, nur damit der Markt für Private solide abgedichtet wird. Wenn sich einer findet, der mehr zahlt: Warum nicht? Auch die Konkurrenz muss das Geld erst einmal wieder verdienen - und zwar ohne Gebühren.
Bleiben noch die Strukturprobleme, die der ORF schon über die Jahrzehnte mitschleppt, inklusive einzelner Mitarbeiter, die dank starkem Kündigungsschutz und Betriebsrat penibel darauf achten, nicht dem Burnout-Syndrom zu erliegen. Alleine dass die programmwirtschaftlichen Leiter, die darauf schauen sollen, dass die Abteilungen sparen, genau den Abteilungen zugehören, die sie prüfen sollen (und nicht etwa der kaufmännischen Direktion), kann als eine der ORF-Seltsamkeiten gesehen werden. Wer sich selbst prüft, findet erfahrungsgemäß weniger als ein externer Prüfer.
Das alles zu ändern, ist eine Aufgabe, die ORF-Chef Alexander Wrabetz sicher nicht schaffen wird. Daher geht er den einfacheren Weg - und der führt zur Politik. "Wer zahlt, schafft an", sagt ein Sprichwort. Dem ist auch bei der Gebührendebatte im ORF nichts mehr hinzuzufügen.
Muss versuchen, mit dem neuen "Club 2" beim Publikum zu punkten: Info-Direktor Elmar Oberhauser. Foto: apa/Jäger Trägt als Programmdirektor mit bescheidenen Quoten zur ORF-Misere bei: Wolfgang Lorenz. Foto: apa/Fohringer Sieht keine Alternative zur Gebührenerhöhung: ORFGeneraldirektor Alexander Wrabetz. Foto: apa/Schneider