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"Wer das meiste Fachwissen hat, bestimmt die EU-Norm"

Von Werner Grotte

Wirtschaft

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Wiener Zeitung":In der steirischen Thermenregion eröffnet bereits die sechste Therme. Wie leben Sie mit dieser Konkurrenz?Rogner: Alle fischen im gleichen Markt und die Gäste vergleichen Angebot und Preis. Beim Preis-Drücken können und wollen wir mit einer 40 Hektar-Anlage und 320 Beschäftigten nicht mitmachen, also müssen wir uns über die Qualität definieren, wie bisher.

An der Schaffung einer EU-weiten Gütenorm sind Sie ja nicht ganz unbeteiligt?

Gastronomie oder Hotellerie haben ihre Hauben oder Sterne - ausgerechnet im stark wachsenden Gesundheits-Tourismus gab es dazu nichts. Wir haben uns über die Organisationen best health austria" und später den Wiener Kreis jahrelang mit Qualitätskriterien befasst und große Kompetenz aufgebaut.

Wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben Fachleute außerhalb der bestehenden Normen eingebunden. Unser Thermen-Erbauer Friedensreich Hundertwasser predigte Einheit mit der Natur, von Geist, Körper und Seele. So haben wir etwa einen Benediktiner-Kellermeister, Schamanen, Chinesische Medizin, Ethnologen, Pharmakologen, Sozialwissenschaftler und Vertreter der Weltreligionen im Expertenkreis, aber dafür niemanden aus Wirtschaftskammer oder Schulmedizin.

Das hat die EU akzeptiert?

Eines der guten Dinge an der EU ist, dass jene Staaten, wo das höchste Fachwissen besteht, auch die Normen machen. In dem Fall ist das Österreich mit mehr als 700 Gesundheitsoder Wellness-Betrieben. Wir definieren die Norm und die Kontrolle, andere Staaten müssen sich an uns orientieren.

Geben Sie ein Beispiel .

Bisher konnte jeder Ayurveda-Behandlungen anbieten, der dazu ein paar Wochenend-Kurse besucht hat. Wenn dann ein Kurgast Kopfweh kriegt, und sonst nichts, ist für ihn Ayurveda gestorben. Überall. Wenn ich jemanden beschäftige, der Ayurveda fünf Jahre im Herkunftsland Indien studiert hat und nachweislich Wohlbefinden vermittelt, dann soll das auch von außen klar erkennbar sein, ähnlich der ISO-Normen in der Industrie.

Warum hat das der Staat nicht selbst gemacht?

Weil die Politik zu vielen Verpflichtungen, Rücksichten und damit Kompromissen unterliegt. Unsere best health-Gütenorm ist zwar staatlich akkreditiert, aber inhaltlich Werk unabhängiger Expertengruppen.

Das klingt fast esoterisch?

Sich an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren ist meiner Ansicht nach zutiefst wirtschaftlich. Und ich bin Bauingenieur. Der Trend geht weg von den Paket-Angeboten. Der Tag kostet bei uns ohne Extras 120 Euro. Der Durchschnitts-Gast kommt einmal im Jahr für zweieinhalb Tage und möchte dann genau das, was er sich vorstellt und nicht das Frau über 40-Einheits-Programm.

Was bekommt er dann?

Wir schulen unsere Mitarbeiter nicht nur fachlich, sondern auch in sozialer Kompetenz. Dort, wo es nötig ist, haben wir eigene Ausbildungen, sogar eigene Berufe kreiert. So gab es etwa bisher keine Ausbildung zum Sauna-Wart, also haben wir eine definiert, ebenso für den Bio-Vital-Operator oder den Bio-Spa-Manager. Wir leben die erwähnte Einheit von Körper-Geist-Seele auch mit der Region, indem wir weitgehend von den lokalen Bio-Bauern kaufen und damit die Landwirtschaft der Gegend motivieren, auch biologisch zu produzieren.

Erheben künftig also "Wellness"-Einrichtungen den Anspruch, die Menschen gesund zu machen?

Das können und sollen sie sicher nicht. Aber sie sollen Anregungen, Anstöße geben, wie man gesund lebt. Man darf halt nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern muss tiefer in sich hinein hören.

Die Schließung des Wiener Margaretenbades brachte Ihnen heuer viel Kritik ein.

Wir haben das Bad nicht geschlossen. Es hat ja nie uns gehört. Die Stadt Wien hat meinen Vater seinerzeit angefleht, das alte Bad zu sanieren. Er hat gesagt: Bedingung ist ein Umbau nach seinem Konzept. Das wurde umgesetzt und der Betrieb lief, wie vorausgesagt, über die Pachtzeit 15 Jahre ohne Verluste, das Konzept wurde sogar vielfach kopiert. Als die Pacht-Frist am Auslaufen war, haben wir gesagt, das Bad gehört, wie damals, auf völlig neue Beine gestellt, weil die Ansprüche der Gäste sich geändert haben. Aber das wollte die Stadt Wien nicht, und so haben wir uns zurückgezogen.

Bad Blumau

Gästebetten: 670,

Doppelzimmer: 243,

Mitarbeiter: 320,

Restaurants: 4,

Tagungsräume: 6,

Auslastung (2004): 71%,

Umsatz (2004): 24 Mio. ,

Preise: Doppelzimmer/Person/Tag: 120 ,

Klassifiziert: 4 Sterne +