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Wer dominiert die Weltwirtschaft?

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist das wichtigste Instrument der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Welt. Doch die Meinungen über seine Strategien gehen weit auseinander - auch innerhalb des Währungsfonds. Es gibt Konfliktpotenzial zwischen den USA, den großen und kleinen Staaten der Europäischen Union, erläuterte Johann Prader, Alternate Executive Director, bei einem Vortrag auf Einladung des Vereines für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften in Wien.


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Der IWF ist eine strikt formell und hierarchisch strukturierte Institution. "Der Zugang zu Informationen erfolgt durch den Rang. Insofern ist meine Position für ein kleines Land eine sehr günstige", weiß Prader aus seiner 13jährigen Erfahrung. Die allerhöchsten Ämter bleiben kleinen Staaten bislang noch verwehrt, denn die herrschende Logik traut deren Vertretern nicht die ausreichende Finanz- und Wirtschaftskompetenz zu. Nur in der NATO kämen die Probleme zwischen der EU und den USA ähnlich deutlich zu Tage, so der Wirtschaftsdiplomat.

Die USA sind mit ihrem Anteil von 17,4% die dominierendste Macht in der Finanzinstitution. Sie besitzen als einzige ein Vetorecht, mit dem sie Beschlüsse blockieren können und eine starke Kontrolle auf die Weltwirtschaft ausüben.

Nicht zuletzt von dieser Warte war die Idee einer Europäischen Union als Regulativ gedacht. Ein zentraler Knackpunkt ist die Doppelrolle mancher EU-Staaten und ihre Zugehörigkeit zu den G7, meint der IWF-Experte. In der Fraktion der wichtigsten Industriestaaten herrscht strenge Disziplin, und über diesen Weg bringen die USA und andere große Staaten ihre Anliegen durch. "Den starken Ländern wie Großbritannien, Deutschland oder Frankreich, die eine Affäre neben der EU eingegangen sind, fehlt die Einsicht, Informationen an die kleinen Länder weiterzugeben", erläutert Prader die Trennlinie, die sich auch durch die EU-Staaten zieht. Kleinere Länder wie Italien haben Angst, ihren Platz innerhalb der G7 zu verlieren und leisten keinen Widerspruch. Wie aber auch Deutschland zusehends von den Vereinigten Staaten in die Schranken gewiesen wird, verdeutlichte die Wahl des neuen Generaldirektors. Nach dem vorzeitigen Abgang von Michel Camdessus wurde der ehemalige Weltbank-Angestellte und deutsche Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser von den EU-Staaten als Nachfolger nominiert. Es gab monatelange Verzögerungen. "Clinton benachrichtigte Schröder, dass Koch-Weser keine Unterstützung haben würde. Auch die Entwicklungsländer wollten nicht für den Deutschen stimmen", berichtet Prader.

Am 28. Februar tagten die EU-Finanzminister, um den Kandidaten bekannt zu geben, in dessen Verlauf wurde der SPD-nahe Koch-Weser von Clintons Pressesprecher als unfähig bezeichnet. Und für eine erste Runde war klar, dass er bei der Wahl scheitern würde. Noch vor der ECOFIN-Sitzung erschien ein Interview mit Romano Prodi, in welchem er bekundete, dass der Deutsch-Brasilianer keine Chance auf das höchste IWF-Amt haben würde. "Prodis Illoyalität löste innerhalb der Staatengemeinschaft Erstaunen aus", erklärt der stellvertretende Direktor.

Zur gleichen Zeit signalisierten die USA, dass bei einem nächsten Wahlgang ein anderer Europäer, sogar einer aus der BRD, unterstützt werden könnte. Die Wahl brachte 43% der Stimmen für Koch-Weser und 34% Enthaltungen. Trotzdem kapitulierten Deutschland und die EU. In der zweiten Runde wurde Horst Köhler, CDU-Mitglied und Präsident der Osteuropabank aufgestellt und am 23. März gewählt. Auf ihm lastet nun der ganze Reformdruck. Welchen Preis die EU für die Wahl Köhlers an die G7 zu zahlen hat, ist noch unbestimmt.