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Schwedens Premier als Gastredner. | Josef Pröll: Alle Kraft für Molterer. | Wien. Ganz ist er zwar noch nicht verarbeitet, jener Schock, den die Volkspartei am Abend des 1. Oktober erlitt, aber die nunmehrige Vizekanzler-Partei ist offensichtlich gewillt, die richtigen Schlüsse aus der brutalen, weil so völlig unerwarteten Niederlage zu ziehen. Am Montagabend jedenfalls gab Umwelt- und Landwirtschaftsminister Josef Pröll den offiziellen Startschuss für die Perspektivengruppe der ÖVP - und fast 900 Menschen drängten sich in die Halle des Uniqua-Towers am Donaukanal. Die Zielvorgabe ließ dabei nichts an Deutlichkeit vermissen: Die Volkspartei programmatisch in einer Weise zu erneuern, auf dass sie bei den Wahlen 2010 wieder zu stärksten Kraft im Land werde.
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Die Rolle des Leuchtturms kam dabei Schwedens konservativem Premier Fredrik Reinfeldt zu, dem es 2006 gelang, in dem zutiefst sozialdemokratisierten Land eine regierungsfähige und -willige Mitte-Rechts-Mehrheit zu zimmern. Reinfeldt machte deutlich, dass man sich von liebgewonnenen, aber nicht mehrheitsfähigen Überzeugungen verabschieden müsse. Zu lange sei seine Partei, die Moderaten, lediglich auf die Interessen der Besserverdiener fokussiert gewesen. Um dies zu ändern, entschloss man sich, alles Handeln einem Zweck unterzuordnen, nämlich Arbeit zu schaffen.
Um auch als regierungsfähige Alternative zur übermächtigen Sozialdemokratie wahrgenommen zu werden, einigten sich die vier Mitte-Rechts-Parteien bereits ein Jahr vor den Wahlen auf ein gemeinsames Regierungsprogramm.
Pröll nahm den Ball auf und erneuerte sein Bekenntnis, in der Reformdebatte ohne Tabus diskutieren zu wollen. In den nächsten Monaten soll in 14 Arbeitskreisen mit internen und externen Interessierten das ÖVP-Programm zeitgemäß erneuert werden. Vor allem bei Familie, Frauen, Integration und Sozialem bestünde Handlungsbedarf. Die Rolle der Externen übernahmen an diesem Abend die Grüne Ex-Abgeordnete Monika Langthaler, die - obwohl aus einem VP-Elternhaus stammend - aufgrund der Waldheim-Debatte und der Haltung zur Homo-Gleichstellung nie schwarz gewählt habe, und Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner. Im Herbst sollen die Ergebnisse der einzelnen Themengruppen abgeschlossen sein.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, stellte Pröll auch klar, wer der Nutznießer der ganzen Arbeit sein soll: Wilhelm Molterer, designierter Parteichef und Vizekanzler, soll so zum Kanzler im Jahr 2010 werden. Molterers Schlussworte: "Wer nicht wagt, der kann auch nicht gewinnen - und da wir gewinnen wollen, wagen wir auch." Das interessierte Publikum wertete es als Befreiung - und applaudierte.