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Im Salzburger Landtag ging es vor allem um die Frage: Wer hat bei den Spekulationsgeschäften wann wovon gewusst? Abseits der politischen Parolen, die schon nach Wahlkampf klangen, stellt sich der Vorgang - soweit bekannt - so dar: Die Referatsleiterin begann im Jahr 2003 mit ziemlich waghalsigen Zins-Derivatgeschäften, die zwar den beauftragten Banken Provisionen brachten, deren Risiko aber niemand auch nur annähernd klar gewesen sein kann. "Es gibt mittlerweile Mathematiker, die von Banken beauftragt werden, weil die Institute selbst das Risiko ihrer eigenen Produkte nicht mehr berechnen können, wenn sie so komplex sind", sagte ein Banker.
Im Zeitraum bis 2005 wurden diese Positionen aufgebaut. Bis 2007 ging alles gut, die Finanzwelt schien das Perpetuum mobile entdeckt zu haben. Mit der amerikanischen Hypotheken-Krise 2007 kamen diese Derivat-Geschäfte, die im Wesentlichen nichts anderes sind als Wetten, ins Wanken. Die Wertpapiere verloren an Wert. 2008 ging Lehman pleite, die globale Bankenwelt schaute in den Abgrund. Die großen Banken-Rettungsprogramme begannen weltweit zu laufen. In dieser Zeit musste die Referatsleiterin vermutlich immense Verluste verbuchen.
Und nun wird es richtig kompliziert: Die Verluste wurden nicht schlagend, sondern die Papiere waren einfach nichts mehr wert. Experten würden sich nicht wundern, wenn der buchhalterische Verluste damals bei 600 Millionen Euro gelegen hätte. Derzeit ist von 340 Millionen die Rede. Sie hätten das Land Salzburg ruiniert, wenn sie verkauft worden wären. Die Referatsleiterin tat dies nicht, sondern verlängerte die Geschäfte. Dazu musste sie allerdings Kredite aufnehmen, die allerdings deutlich geringer waren. In solchen Derivat-Geschäften steckte ein Hebel von 50 und mehr: Für 1000 Euro konnte man um 50.000 Euro spekulieren - mit dem Risiko des Totalausfalls.
Die Beamtin schien dabei - wie es sich derzeit darstellt - recht findig vorgegangen zu sein. Die Kredite verbuchte sie in der ordentlichen Gebarung des Landes, sie dürften in jedem Rechnungsabschluss des Landes aufscheinen. Da es sich dabei um sehr kurzfristige Kredite handelte, die unterjährig liefen, und diese auf mehr als 30 Banken verteilt waren, konnte sie dies zum Jahresultimo so steuern, dass im Jahresvergleich nichts auffiel. Dass sie damit dahinter mutig zockte, will derzeit niemand wissen.
Die große Frage lautet nun: Hat diese Referatsleiterin ab 2008 irgendjemandem erzählt, dass es Probleme dieser Dimension gab? Einen Hinweis gaben die "Salzburger Nachrichten": Ihr höchster Vorgesetzter, der Leiter der Finanzabteilung Eduard Paulus, soll 2008 von einer Regionalbank auf Verluste aufmerksam gemacht worden sein. Die Rede ist von 30 Millionen Euro.
David Brenner zur "Wiener Zeitung": "Unsere Experten überprüfen derzeit etwa 200 Derivat-Geschäfte, die sie selbständig getätigt hat." Es geht dabei darum, eine Bewertung dieser Produkte vorzunehmen, um den möglichen Schaden beziffern zu können.
Hat Brenner auch etwas gewusst? Immerhin wäre es nicht ganz glaubwürdig, dass ein Finanzlandesrat aus Salzburg zwischen 2008 und 2012 keine Kontakte mit hochrangigen Bankern hätte. Brenner: "Soweit ich mich erinnere, hat es eine Handvoll Gespräche mit Bankern gegeben, bei denen ich auf die Finanzgeschäfte des Landes angesprochen wurde. Es hat auch Hinweise auf Verluste gegeben, denen ich jeweils nachgegangen bin. Die Finanzabteilung informierte mich daraufhin, dass es diese Verluste gab. Allerdings wurden mir dafür getätigte Gegengeschäfte erklärt, die genauso im Plus waren. Auf meine Frage, ob es insgesamt Verluste gäbe, erhielt ich stets die Antwort, nein, das Gesamtportfolio sei im Plus. Es handelte sich dabei um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag." Nach seinen Worten ließ sich Brenner damit offenbar vertrösten.
Bis im Oktober 2012 ein neuer Mitarbeiter die Unterlagen der beurlaubten Beamtin zu durchforsten begann und im November die Tragweite zum Vorschein kam. Was die anderen Beamten der Abteilung und deren Vorgesetzte mitbekamen, wird überprüft.