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Wer hilft dem griechischen Patienten?

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Staatsfinanzierung durch Strukturfonds der EU angedacht. | Sozialdemokraten im EU-Parlament für Europa-Anleihe. | Wien. Die Misere um Griechenlands Staatsfinanzen entwickelt sich immer mehr zum Testfall für das gemeinschaftliche Handlungsvermögen der Europäischen Union und der Eurozone. Offenbar fehlen schlagkräftige Instrumente, um derartige Krisen in den Griff zu bekommen.


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Nun überlegen einzelne Staaten angeblich bereits, den Griechen auf bilateraler Ebene die helfende Hand zu reichen. Einem Bericht der französischen Tageszeitung "Le Monde" zufolge prüfen unter anderem Frankreich und Deutschland finanzielle Unterstützung für das in eine prekäre Lage geratene Land.

Nachdem eine neu gewählte Regierung im Vorjahr mit der Praxis, geschönte Budgetzahlen auszuweisen, aufgeräumt hatte, offenbarte sich für 2009 ein Haushaltsloch von 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Staatsverschuldung beläuft sich bereits jetzt auf 113 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Inzwischen besteht die Gefahr, dass Griechenland nicht ausreichend Geldgeber findet, um sein Budgetdefizit zu decken und bestehende Schulden zu refinanzieren. Alleine heuer muss Athen nämlich 53 Milliarden Euro auftreiben - laut dem britischen Wirtschaftsmagazin "Economist" 25 Milliarden Euro davon schon bis Mai.

Zwar hat Griechenland Anfang dieser Woche erstmals seit November wieder eine Staatsanleihe begeben und damit acht Milliarden Euro eingenommen. Angesichts hoher Zinsen gilt die große Nachfrage jedoch nicht als Zeichen für eine Beruhigung der Märkte. Am Dienstag erreichte der Zinsaufschlag, den Investoren risikobedingt für den Kauf zehnjähriger griechischer Anleihen verlangen, knapp vier Prozentpunkte. Für neue Schulden müsste Athen somit rund sieben Prozent Zinsen zahlen.

"Mehr Solidarität"

Das Misstrauen der Investoren liegt jedoch nicht alleine daran, dass man den Regierungsplänen zur Budgetkonsolidierung wenig Durchschlagskraft attestiert. Berichten von "Financial Times" und "Wall Street Journal" zufolge soll Griechenland darüber hinaus nämlich mit dem Versuch gescheitert sein, China 25 Milliarden an Staatsanleihen exklusiv zu verkaufen.

Die griechische Staatsspitze hat ein derartiges Ansinnen zwar dementiert, in der Europäischen Union schrillen allerdings nun die Alarmglocken: Politisch Verantwortliche stellen die Frage, wie es möglich sein könnte, dass ein strauchelndes Mitglied der Eurozone unter Umständen von China aufgefangen werden müsse.

"Es ist inakzeptabel, dass die EU nicht mehr Solidarität mit Griechenland zeigt", so Martin Schulz, Chef der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im EU-Parlament. Er fordert die rasche Einführung sogenannter Eurobonds - also von einheitlichen europäischen Staatsanleihen, deren Erlös unter den Euro-Staaten aufgeteilt würde. Für Othmar Karas von der Europäischen Volkspartei ist dies allerdings nur einer von vielen Vorschlägen, die noch diskutiert werden müssten. Karas fordert ein Gesamtkonzept für alle EU-Staaten im Umgang mit den - krisenbedingt - hohen Haushaltsdefiziten.

Kleine Hilfe durch EZB?

Zwar haben Deutschland und Frankreich am Donnerstag dementiert, über Hilfen für Griechenland zu beraten, eine denkbare Möglichkeit wäre jedoch auch, Mittel des EU-Strukturfonds vorzuziehen und Griechenland zugute kommen zu lassen. Wenig Unterstützung dürfte hingegen von der Europäischen Zentralbank (EZB) zu erwarten sein. Dieser ist es offiziell verboten, einzelnen Mitgliedsstaaten Hilfen zu erteilen.

Fraglich ist, ob die EZB - wie geplant - mit Jahresende das Risiko-Limit für Staatsanleihen, die Banken bei ihr als Kreditsicherheit hinterlegen dürfen, wieder auf das Vorkrisen-Niveau anhebt. Nach einer Senkung des Kredit-Ratings - und somit der Bonität - erfüllen griechische Staatsanleihen derzeit nämlich nicht die - künftig vorausgesetzten - Kriterien. Möglicherweise behält die EZB nun doch die gegenwärtige Regelung länger bei. Eine Entscheidung darüber kann theoretisch aber auch erst im Dezember fallen.

Dies würde unter Umständen auch anderen EU-Staaten zugute kommen: Derzeit kursieren Gerüchte über eine Herabstufung des portugiesischen Kredit-Ratings. Investoren betrachten die Sparpläne Portugals, mit denen das hohe Budgetdefizit in den Griff gebracht werden soll, als wenig ambitioniert. Der Zinsaufschlag für portugiesische Staatsanleihen - gemessen an deutschen Papieren - stieg am Donnerstag auf 1,25 Prozent.