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Wien - Als europafreundlichste Partei Österreichs will sich die ÖVP positionieren. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat und EU-Abgeordnete Ursula Stenzel präsentierten gestern ein Grundsatzpapier zum Thema EU-Erweiterung. Nebenbei rückten SPÖ und Grüne in den Mittelpunkt der Kritik der Politikerinnen. Dies zog scharfe Worte seitens der Oppositionsparteien nach sich.
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In erster Linie profitiere Österreich von der EU-Erweiterung. Dies wollte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner zunächst einmal betont wissen. Sie bezeichnete das ÖVP-Positionspapier als Bekenntnis zu einer Nachbarschaftsgemeinschaft in Mitteleuropa und als Bekenntnis dazu, "nicht nur Probleme aufzuzeigen, sondern diese auch zu lösen". Als Beispiele nannte sie die erreichte siebenjährige Übergangsfrist bei der ArbeitnehmerInnen-Freizügigkeit, die Transitregelung sowie das mit Tschechien ausverhandelte Sicherheitsprogramm für Kernenergie. Die Benes-Dekrete seien hingegen keine Angelegenheit der Erweiterungsverhandlungen, hielt Ferrero-Waldner fest.
Die Position Österreichs "im Herzen Europas" hob wiederum EU-Abgeordnete Ursula Stenzel hervor. Auch sie unterstrich: Der Erweiterungsprozess sei ein Aufholprozess, der Österreich nur nützen kann - in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht.
Ein Traum sei in Erfüllung gegangen, im Jahr 1989 - zumindest für viele ÖVP-PolitikerInnen. Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat holte weit aus, bevor sie das Positionspapier zur Erweiterung der Union vorstellte. Denn schon an der Öffnung des Eisernen Vorhangs hätten zahlreiche Politiker der Volkspartei jahrelang mitgearbeitet.
Dies könne von der SPÖ hingegen nicht behauptet werden; die SozialdemokratInnen hätten nämlich nichts zur Stärkung der Reformkräfte in Osteuropa beigetragen. Vielmehr hätten sie "den roten Teppich vor den roten Genossen ausgerollt", formulierte Rauch-Kallat. Daher könne die SPÖ als jene Partei bezeichnet werden, die am wenigsten europafreundlich sei. Und gleich danach folgten die Grünen, die der Erweiterung auch skeptisch gegenüber standen.
Erst nach mehrmaligem Nachfragen kam die Generalsekretärin auf die zweite Koalitionspartei zu sprechen. Die FPÖ-Regierungsriege sei überaus erweiterungsfreundlich, wenn sie auch eine kritische Haltung einnehme. Allerdings räumte Rauch-Kallat ein, dass Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider in Europafragen einen Zick-Zack-Kurs gefahren sei.
Wutenbrannte Reaktionen seitens der Oppositionsparteien waren die Folge. Von "Chuzpe" sprach der Grüne EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber. Und laut SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl "hat die ÖVP das letzte Quäntchen Scham abgelegt". Denn es sei der Koalitionspartner der Volkspartei, der permanent wilde Drohungen ausstoße und die Erweiterung mittels Veto zu verhindern suche. Auch der Leiter der SPÖ-Delegation im Europa-Parlament, Hannes Swoboda, kreidete es der Regierung an, dass sie auf internationaler und europäischer Ebene "redlich bemüht" sei, Österreich zu beschädigen.
Erwartungsgemäß anders sieht dies FPÖ-Generalsekretär Karl Schweitzer. Er begrüßte es, dass die ÖVP von ihrem "Ohne-Wenn-und Aber"-Kurs abgekommen sei. Somit sei die Bereitschaft gegeben, mit der FPÖ den Interessen der ÖsterreicherInnen größtes Augenmerk zu schenken.