Electrolux droht nun mit früherer Schließung. | Produktion schon verlagert. | Nürnberg. Im Streit um die Stilllegung des Nürnberger AEG-Werks verhärten sich die Fronten zwischen dem schwedischen Elektrokonzern Electrolux und den Arbeitnehmern. Nachdem die Schweden damit gedroht haben, den Traditionsstandort bereits Ende 2006 und damit ein Jahr früher als geplant zu schließen, sagte die Gewerkschaft IG Metall die für Donnerstag angesetzten Gespräche über die Zukunft der gut 1700 Beschäftigten des Werks ab.
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#Verhandlungen: "Kein Sinn mehr"
"Diese Aussagen sind armselig. Auf dieser Grundlage sehen wir keinen Sinn in Verhandlungen", sagte IG-Metall-Pressesprecher Reiner Peters-Ackermann der Nachrichtenagentur AP am Montag. "Wir warten, bis ein kompetenter Verhandlungspartner am Tisch sitzt, der über das bisherige Angebot hinaus verhandeln kann", begründete er den Schritt am Montag. Einen neuen Termin gebe es bislang nicht. Die Gewerkschaft verlangte einen hochrangigen Verhandlungspartner von Electrolux, der mit finanziellen und politischen Kompetenzen ausgestattet sei. Die IG Metall zeigte sich erzürnt über die jüngsten Äußerungen von Electrolux-Chef Hans Straberg, der der Gewerkschaft "mit ihrem Konfrontationskurs" eine Mitschuld an der Schließung der AEG-Hausgeräteproduktion in Nürnberg gab.
"Gewerkschaft ist schuld an Schließung"
Electrolux habe 2004 mit den Gewerkschaften über längere Arbeitszeiten und höhere Produktivität verhandelt, sagte Straberg in einem Interview mit der "Welt am Sonntag". Die Gewerkschaft habe damals eine Einigung verhindert. "AEG in Nürnberg würden wir jetzt nicht schließen, wenn die Gewerkschaft sich unserem Vorschlag damals nicht verweigert hätte", zitiert das Blatt den Manager. Der Konzern drohte, den Standort früher dicht zu machen als geplant. "Das ist eine Option, die zur Zeit diskutiert wird", sagte ein Electrolux-Sprecher am Montag. "Erstens, weil die Verhandlungen nicht vorankommen und zweitens, weil wir durch den Streik bereits große Produktionsvolumina in andere Werke verlagern mussten", fügte er hinzu.
Werk wird seit dem 20. Jänner bestreikt
Die Beschäftigten des Traditionsstandorts haben seit rund drei Wochen die Arbeit aus Protest gegen die geplante Schließung niedergelegt. Sie fordern höhere Abfindungen, eine Beschäftigungsgesellschaft und Qualifizierungsmaßnahmen. Das Nürnberger Hausgerätewerk wird seit 20. Jänner bestreikt, weil der schwedische Mutterkonzern Electrolux die Produktion von Wasch- und Geschirrspülmaschinen bis Ende 2007 nach Polen und Italien verlagern will. Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag für die von der Schließung betroffenen rund 1.700 Mitarbeiter sind bisher ergebnislos verlaufen. Während AEG Abfindungen und Qualifizierungsmaßnahmen im Volumen von rund 100 Millionen Euro anbietet, will die IG Metall das Vierfache. Sie möchte außerdem in erster Linie den Standort erhalten.
Electrolux-Chef Straberg hat zwar Verständnis für den Frust der 1700 AEGler in Nürnberg, verteidigt aber seine Entscheidung, die Produktion nach Polen und Italien zu verlagern: "So lange niemand sagen kann, wie man in Nürnberg mit Gewinn produzieren kann, ist die La ge nun mal, wie sie ist."
"Radikalisierung des Kapitalismus"
Straberg, dessen harte Haltung zu AEG die IG Metall als persönliches Beispiel für die "Radikalisierung des Kapitalismus" angreift, bemüht sich um einen freundlichen Ton, bleibt in der Sache aber hart: "Sehr viele Unternehmen sind gezwungen, ihre Produktion aus Deutschland zu verlagern, weil die Verbraucher nicht mehr zur Zahlung entsprechender Preise für die Produktion in einem bestimmten Land bereit sind." Die Konsumenten seien permanent um die Jobs besorgt - und dann setzten sie sich in ihre koreanischen oder japanischen Autos und führen zu Ikea oder Lidl und kauften dort ausgeprägt billige Produkte, so Straberg laut "Spiegel online". Dies sei aus Sicht der Verbraucher "völlig rational" - bringe aber Produktionsverlagerungen in Länder wie Polen und die Türkei mit sich, so der Chef von welteit 70.000 Electrolux-Mitarbeitern.