Auf den Übergangsrat warten nach Gaddafis Tod große Herausforderungen.
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Tripolis. Schon in den nächsten Wochen könnte sich zeigen, wie stabil oder fragil Libyen nach dem Tod von Muammar Gaddafi künftig sein wird. Denn binnen 30 Tagen soll die bunte Allianz des Übergangsrates, die vor allem die Gegnerschaft zu dem Diktator einte, eine Übergangsregierung bilden. In den folgenden sechs Monaten soll eine 200-köpfige Nationalkonferenz einberufen werden, die einen Ministerpräsidenten ernennen sowie eine Verfassung erarbeiten und Parlamentswahlen vorbereiten soll.
Solche Wahlen sind erst für 2013 vorgesehen. Diese Zeit bis zu einer wirklichen Demokratie könnte das Land nach Jahrzehnten der Gewaltherrschaft auch brauchen. Denn das Land ist voll von Waffen in den Händen von Clans, Gruppen und Stämmen, die einander oft feindselig gegenüberstehen. Manche Experten bezweifeln, dass die Regierung die Konflikte der unterschiedlichen Gruppen, darunter auch Islamisten, unter Kontrolle bringen kann. US-Außenministerin Hillary Clinton fürchtet ein Szenario wie im Nachkriegs-Irak und fordert deshalb, dass die verschiedenen Milizen zu einer Nationalarmee unter ziviler Führung zusammengeführt werden.
Dem Westen bereitet darüber hinaus Kopfzerbrechen, dass große Mengen von Waffen den Weg zu internationalen Terroristen oder in Krisenregionen wie den Sudan finden oder schon gefunden haben - UNO-Libyen-Sonderbeauftragter Ian Martin macht sich unter anderem wegen der schätzungsweise rund 20.000 schultergestützten Boden-Luft-Raketen Sorgen.
Großbritannien und die USA haben dem neuen Regime Hilfe in Sicherheitsfragen angeboten, die EU will beim Aufbau politischer Institutionen helfen - dass es solche in Gaddafis Libyen nicht gab, wird als wichtiges Hindernis auf dem Weg zu demokratischen Strukturen angesehen.
Ölkäufer stehen Schlange
Leichter dürfte da die wirtschaftliche Erholung des zerstörten Landes fallen. Mit dem Tod Gaddafis fallen wirtschaftliche Sanktionen weg, die gesperrten Gelder sollen bald freigegeben werden, Übergangskredite wären unnötig. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs werden in den nächsten Wochen nach Libyen reisen, um Wirtschaftskontakte zu knüpfen. Der Energiereichtum des Landes, das über die größten Ölvorkommen Afrikas verfügt, lässt die Interessenten Schlange stehen. Frankreich, Italien und Großbritannien, die sich an den Nato-Luftangriffen gegen das Gaddafi-Regime beteiligt haben, dürften dabei Startvorteile etwa gegenüber Deutschland haben, das sich bei der UNO-Resolution zum Luftkrieg der Stimme enthielt.
OMV-Chef Gerhard Roiss, dessen Energiekonzern bis vor einem Jahr zehn Prozent seines Öls aus Libyen bezog, hofft, dass die OMV noch heuer die Produktion wieder aufnehmen kann, wie er der "Wiener Zeitung" erklärte.
Wichtige Männer des Übergangs:
Mustafa Abdul Al-Jalil: Er ist seit Ende August Vorsitzender des Nationalen Übergangsrates und damit führender Politiker der neuen Machthaber. Der 1952 geborene Jurist ist konservativ und gilt als frommer Muslim. 2007 wurde er Justizminister und bot Gaddafi in einigen Justizfällen die Stirn.
Mahmud Jibril: Der Ministerpräsident der derzeitigen Übergangsregierung studierte und arbeitete zeitweise in den USA. Später versuchte der 1952 geborene Wirtschafts- und Politikwissenschafter, das Libyen Gaddafis wirtschaftlich zu reformieren. Nach dem Ausbruch des Aufstands schlug sich Jibril auf die Seite der Regimegegner, aus deren Reihen in letzter Zeit aber Kritik kam. Deshalb kündigte er vor einigen Wochen an, künftig auf ein politisches Spitzenamt zu verzichten.
Abdulhafiz Ghoga: Der Anwalt ist Vize-Vorsitzender des Übergangsrates. In der Rebellenhochburg Benghazi hat er sich einen Namen in Menschenrechtsfällen gemacht.
Abdelhakim Belhaj: Der heutige Militärkommandant von Tripolis stürmte mit seinen Truppen den Militärkomplex Gaddafis. Früher wurde Belhaj nach eigenen Worten als islamischer Gotteskrieger vom US-Geheimdienst CIA gefoltert. Er soll auch Kontakt mit dem Terrornetz Al-Kaida gehabt haben.