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Wer lockt mit den niedrigsten Steuern?

Von Sissi Eigruber

Europaarchiv

Die slowakische Steuerpolitik ist mit ihrer Flat Tax von 19% vielen ein Dorn im Auge. Doch das "Steuerdumping" könnte weitergehen: Der slowakische Finanzminister Ivan Miklos hat gestern wieder einmal laut über eine Steuersenkung auf 15% nachgedacht.


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"Steuerdumping" und "Verzerrung des Wettbewerbs" wettern die meisten westlichen EU-Länder gegen jene neuen Mitgliedsländer, die Unternehmen mit niedrigen Steuern ihr Land als Unternehmensstandort schmackhaft machen wollen. Ein Paradebeispiel dafür ist die Slowakei, die zu Beginn dieses Jahres eine "Flat Tax" von 19% für Einkommens-, Körperschafts- und Mehrwertsteuer eingeführt hat.

Dem Wunsch nach einer Harmonisierung der Unternehmenssteuern auf EU-Ebene können die Länder mit niedriger Steuer in Zentral- und Osteuropa natürlich nichts abgewinnen, würden sie damit doch einen Wettbewerbsvorteil verlieren. Nun strebt die EU-Kommission zumindest eine Vereinheitlichung der Steuerbasis an. Denn der Steuersatz alleine ist nur die halbe Wahrheit, da die Basis, von der die Steuer berechnet wird, von Land zu Land unterschiedlich ist. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Steuerbemessungsgrundlagen und persönlichen Entlastungen kommt ein ausschließlicher Vergleich der Steuersätze daher einem "Vergleich von Äpfel mit Birnen gleich", so eine Formulierung der Erste Bank.

Dennoch scheint die Slowakei mit ihrer Niedrig-Steuer-Politik erfolgreich zu sein: Laut Erhebungen der amerikanischen Handelskammer planen 91% der ausländischen Investoren in der Slowakei eine Ausweitung ihres Engagements. Auch die Weltbank stellte den Reformen der Slowakei ein gutes Zeugnis aus und zählt das Nachbarland Österreichs zu den 20 attraktivsten Wirtschaftsstandorten weltweit. Der slowakische Finanzminister sieht sich in seinem Weg bestätigt: Zwar hätten andere Ziele, wie die Reduktion des Budgetdefizits Vorrang, aber eine weitere Senkung des Steuersatzes sei denkbar, sagte Miklos gestern im Rahmen des von der Sozietät Leitner + Leitner veranstalteten Finanzfoyers 2004. Darüber, wie entscheidend ein niedriger Steuersatz für die Wahl des Unternehmensstandortes ist, scheiden sich die Geister: "Es ist nie die Steuer alleine für den Standort entscheidend", betonte Alfred Brogyányi, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, im Rahmen des CE Business Club von Erste Bank, Wiener Städtischer und Instiut für Donauraum und Mitteleuropa (IDM). Wesentlich sei etwa auch die Entscheidung von Managern, in welches Land sie gehen wollen und in welches nicht, und das sei unter anderem von der Höhe der Einkommenssteuer abhängig, so Brogyányi, der eine Senkung des 50%-Spitzensteuersatzes in Österreich fordert. Abgesehen davon glaubt er, dass Österreich ein attraktives Land für Investitionen ist.

Wolfgang Pettighofer, Leiter der Rechtsabteilung in der Wirtschaftskammer Wien, hob hingegen die Signalwirkung der Höhe der Körperschaftssteuer hervor: "Mit einer Körperschaftssteuer von 35% sind wir für die Unternehmen nicht mehr in die engere Wahl gekommen", so Pettighofer. Ab 1. Jänner 2005 müssen in Österreich nur mehr 24% KöSt bezahlt werden.