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Wer mit dem Finger auf Nicolas Sarkozy zeigt, zeigt auf den Falschen

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Angriff ist die beste Verteidigung. Seit einer Woche fahren französische Regierungspolitiker heftige Attacken gegen die Presse, seit das Online-Magazin "Mediapart" die Affäre um Politiker-Bestechung und illegale Parteispenden durch die Erben des Kosmetikimperiums LOréal enthüllt hat. Von "faschistischen Methoden" ist da die Rede oder auch von einer "Menschenjagd".


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Mit diesen Angriffen sucht sich die wegen Fällen von Misswirtschaft und Korruption schwer angeschlagene Regierung zu entlasten. Immer mehr entwickelt sich die Affäre zu einem Kampf Sarkozy & CoKG gegen die Medien. Dabei verschwimmt im Hintergrund der eigentliche Skandal: Der Verdacht der systematischen Korrumpierung von Politikern durch das LOréal-Imperium der Familie Bettencourt.

Die Aussagen der ehemaligen Buchhalterin der Bettencourts legen ein korruptes System offen, das dermaßen gut funktioniert, dass es selbst bei Bekanntwerden unangreifbar ist. Da geht es um alten Geldadel, der sich Politiker wie niedere Bedienstete hält. Um mächtige Industrielle, die wöchentlich genau die 50.000 Euro in bar für "Politiker-Spenden" beheben, die noch unter dem Betrag liegen, ab dem bei den Finanzbehörden schlafende Hunde geweckt werden. Die Politiker wiederum werden artig im Anwesen Bettencourt vorstellig, um sich ihre (Geld-)Kuverts abzuholen. Da ist von Notfallkonten in der Schweiz die Rede. Die Familie Bettencourt soll 78 Millionen Euro vor den Steuerbehörden in der Schweiz versteckt haben, ohne dass das irgendeiner offiziellen Stelle aufgefallen wäre. Die Ex-Buchhalterin berichtet von einem verspätet eingebrachter Jahresabschluss, der LOréal normalerweise eine Millionen-Strafe einbringen hätte müssen, und wie sie für diesbezüglich geäußerte Sorgen ausgelacht wurde - zu Recht, wie sich herausstellen sollte, denn LOréal zahlte keinen Cent Strafe.

Im Großen und Ganzen klingen diese Vorwürfe durchaus glaubhaft, doch der Teufel steckt im Detail, nämlich dort, wo man versucht, einzelnen Personen ein Fehlverhalten nachzuweisen. Denn wer nun tatsächlich Geld erhalten hat und wer nicht, lässt sich aufgrund des Systems eben nicht mehr sagen - das könnten nur die Betroffenen selbst.

Natürlich sind im zentralistischen Frankreich nun alle Augen auf Präsident Nicolas Sarkozy gerichtet. Selbst wenn er seinerzeit von den Bettencourts bestochen worden wäre, gibt es nach Stand der Dinge nichts, was man ihm seriöserweise anlasten könnte. Auch wenn die Buchhalterin erklärte, sich gut vorstellen zu können, was sich abgespielt habe. Das Einzige was sie angegeben hat, ist, Geld behoben und ein Kuvert besorgt zu haben, und dass Sarkozy mit letzterem aus einem Hinterzimmer der Bettencourt-Villa spaziert sei. Jeglicher Beweis fehlt, ebenso wie in den anderen Fällen, die im Lichte des Sarkozy-Falls verblassen.

Siehe auch:Schwere Treffer gegen Sarkozy