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Wer Muslime beschimpft, hilft dem IS

Von Alexander U. Mathé

Politik
Alexander U. Mathé

2046 wird jeder fünfte Wiener Moslem und somit Teil der österreichischen Gesellschaft sein.


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Wer sich in willkürliche Anfeindungen von Muslimen ergeht, ist ein tadelloser Handlanger von IS. Auf diese Weise unterstützt, schaffen es die Terroristen, die Gesellschaft zu spalten und zwar in zweifacher Hinsicht. Erstens fühlen sich Muslime durch solche Anfeindungen nicht mehr als Teil Österreichs. Zweitens haben solche Anfeindungen gepaart mit der Ausgrenzung das Potenzial, labile Menschen in Fundamentalismus und Radikalität zu treiben.

Nun ist es aber so, dass Muslime Teil der österreichischen Bevölkerung sind. Fast 7 Prozent der Österreicher sind den letzten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2012 zufolge islamischen Glaubens. In Wien sind es mehr als 12 Prozent. Glaubt man den Hochrechnungen, wird 2046 jeder fünfte Wiener Moslem sein. Das kann einem nun gefallen, oder nicht. Es ändert aber nichts am Faktum, dass diese Menschen Teil der österreichischen Gesellschaft sind. Sie werden das auch bleiben, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass Rechtspopulisten ihre kühnsten Träume erfüllt sehen und alle "Ausländer" nach Hause schicken. Denn jene derzeit 7 Prozent sind hier zu Hause, sie sind Österreicher, sie werden bleiben. Wer hier nun noch einen Schritt weiter gehen will und Muslime ihrer Religion wegen (und unabhängig von ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft) loswerden will, beweist eindrucksvoll, dass er nichts aus dem dunkelsten Kapitel der österreichischen Geschichte gelernt hat.

Auf willkürliche Anfeindungen zu verzichten, bedeutet aber nicht, auf Kritik zu verzichten, wo sie angebracht ist, ja, wo sie angebracht werden muss. Denn auch unter österreichischen Muslimen gibt es jene, die die österreichische Gesellschaft spalten wollen und versuchen, deren Grundsätze zu unterminieren. Das beginnt bei der Negation von hart erarbeiteten Werten wie der Gleichbehandlung - wenn etwa ein Vater mit dem Verweis auf den Islam seine Tochter vom Schwimmunterricht in der Schule ausnimmt oder seinem kleinen Sohn eintrichtert, dass er Anweisungen der Kindergärtnerin getrost ignorieren kann, da sie eine Frau ist. Und es geht hinauf bis zum Angriff auf die Negation des Staates an sich, wenn manche Fanatiker dazu aufrufen, die Scharia über österreichisches Recht zu stellen.

Spaltungsversuchen entgegenzuwirken, dazu sind alle aufgerufen: Moslems, Christen, Juden, Zoroastristen, Atheisten. Und so manches Zeichen dieses Einsatzes ist auch sichtbar. So verbreitete sich nach den Anschlägen von Paris im Internet die Bewegung #notinmyname wie ein Lauffeuer. Muslime rund um den Globus distanzierten sich von dem Blutbad im Namen des Islam und erklärten, dass weder sie noch ihre Religion etwas damit zu tun hat. Eine klare Ansage, die man sich auch von manchem staatlichen oder religiösen Oberhaupt eines islamisch geprägten Staates gewünscht hätte.

Wie Nicht-Muslime auf Muslimenhass nach Anschläge reagieren können, hat wiederum Australien vorbildlich gezeigt. Dort griff die Aktion #illridewithyou um sich, nachdem eine Muslima beschimpft wurde, nur weil sie ein Kopftuch trug. Zahllose Australier boten sich daraufhin an, auf Abruf Muslimas auf ihren Wegen zu begleiten und vor Anfeindungen zu schützen. Eine Aktion, die man sich auch in Europa und Österreich wünschen würde.