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Wer nicht da ist, der muss gehen

Von Katharina Schmidt

Politik
Ungewohnte Einigkeit nach langen Streitereien: Innenministerin Fekter und Verteidigungsminister Darabos. Foto: ap

Bei Verlassen der Erstaufnahmestelle drohen Strafen bis hin zur Schubhaft. | Jurist Mayer: Nicht verfassungskonform. | Wien. Für Bundeskanzler Werner Faymann ist es ein Zeichen für die Einigkeit in der Koalition. Für die Grünen ist die SPÖ vor dem Koalitionspartner "in die Knie gegangen". Klar ist: Trotz der Streitigkeiten der vergangenen Monate hat sich die Regierung auf eine Anwesenheitspflicht für Asylwerber in den Erstaufnahmestellen geeinigt - allerdings unter dem Titel "Mitwirkungspflicht".


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Verteidigungsminister Norbert Darabos, der die Regelung gemeinsam mit Innenministerin Maria Fekter ausgearbeitet hat, betonte am Dienstag, dass der Unterschied "nicht nur ein semantischer, sondern ein wirklicher" sei. Denn ursprünglich hatte sich Fekter eine bis zu vierwöchige Aufenthaltspflicht gefordert, was aber von Juristen kritisiert und von der SPÖ dezidiert abgelehnt wurde.

Die nun geplante Mitwirkungspflicht sieht vor, dass sich Asylwerber die ersten fünf Tage nicht aus der Erstaufnahmestelle entfernen dürfen. Wenn ein Wochenende oder ein Feiertag dazwischen liegt, kann dieser Zeitraum auf bis zu sieben Tage ausgedehnt werden. Verlässt der Asylwerber dennoch das Lager, muss er mit einer Verwaltungsstrafe rechnen, bei mehreren Strafen droht die Schubhaft. Ausnahmeregelungen gibt es für Arztbesuche oder dringende familiäre Angelegenheiten.

Während dieser Zeit erhält der Asylwerber eine rote Karte, die als Identitätsnachweis dient. Polizisten können anhand dieser Karte sofort feststellen, dass sich der Asylwerber eigentlich in der Erstaufnahmestelle befinden müsste.

Fekter erhofft sich durch die Neuregelung schnellere Zulassungsverfahren und dass Österreich dadurch für Schlepper weniger attraktiv wird. Darabos betonte, er sei immer dagegen gewesen, dass "Asylwerber weggesperrt" werden, aber mit der Einigung habe man eine verfassungskonforme Lösung zustande gebracht, was auch Faymann betont.

Neues Amt für Asyl und Migration erst ab 2013

Dem widerspricht der Verfassungsrechtler Heinz Mayer: Eine Anwesenheitspflicht könne nur dann verhängt werden, wenn es nötig sei, dass der Betroffene mitwirkt. Und das sei nur dann der Fall, wenn die Behörde auch arbeitet - also eben gerade nicht am Wochenende oder in der Nacht.

Während die Regelung auch für Caritas und Diakonie zu eng gefasst ist, kritisierten FPÖ und BZÖ, dass sie zu wenig streng sei.

Der Begutachtungsentwurf soll noch diese Woche vorgelegt werden. Am 19. Oktober ist der Beschluss im Ministerrat geplant, damit die Neuregelung zu Jahresbeginn 2011 in Kraft treten kann. Noch etwas länger - nämlich bis 2013 - wird es mit dem geplanten Bundesamt für Migration und Asyl dauern. Derzeit sind diese Agenden laut Darabos auf 113 verschiedene Behörden verteilt. Quasi als Gerüst für das neue Amt soll das bisherige Bundesasylamt - die erste Instanz in Asylverfahren - dienen.

Lehrer: Bund beharrt auf seiner Position

So einig sie sich nun offenbar in Sachen Asyl ist, so bedeckt hielt sich die Regierung in Bezug auf eine andere Großbaustelle: Das Lehrerdienstrecht. Wie berichtet, hatten die Länder am Montag ihren Beschluss aus dem Vorjahr bekräftigt, dass alle Lehrer in die Länderkompetenz fallen sollen. Unterrichtsministerin Claudia Schmied meinte dazu, man könne über alles diskutieren. Die Regierung habe aber die klare Position, dass die Kompetenz für alle Lehrer besser beim Bund aufgehoben sei.

"Natürlich steht es den Ländern zu, Vorschläge zu machen", meinte auch Faymann nach dem Ministerrat. Er stehe aber voll hinter Schmied und wolle nicht, dass Österreich in neun Teile zerfalle.