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"Wer nichts leistet, bleibt picken"

Von Veronika Gasser

Europaarchiv

Tarifreform soll deutsche Verwaltung in Schwung bringen. | Wien/Berlin. Die deutschen Verwaltungsangestellten bekommen mit1. Oktober ein neues Tarifschema verpasst. Darauf haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaft nach zweieinhalbjährigen Verhandlungen geeinigt.


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Für Werner Müller, Leiter des öffentlichen Dienstes im Innenministerium, ist damit ein absolut großer Wurf gelungen, erklärt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er spricht von einer totalen Abkehr von der bisherigen Entlohnung: "Der Aufstieg hängt künftig von der Qualifikation und Arbeitsleistung ab. Keiner rückt automatisch aufgrund der Dienstjahre vor. Kurz gesprochen: Wer nichts leistet, bleibt auf seinem Platz picken." Dasselbe gilt für die Entlohnung. Lohnerhöhungen sind von nun an keine Selbstverständlichkeit mehr. Sie müssen erarbeitet werden. Der Vorgesetzte entscheidet über die Zulagen. "Dafür ist aber eine totale Änderung der Führungskultur notwendig", so Müller. Fühlt sich ein Mitarbeiter jedoch übergangen oder unfair behandelt, kann er die neu eingerichtete Schlichtungsstelle bemühen. Mit der Änderung will man verkrustete Strukturen aufbrechen und den Verwaltungsmotor in Schwung bringen. Betroffen sind von der ersten Reformetappe knapp 2,5 Millionen Angestellte.

In den ersten Jahren wird es nicht einfach

"Sicher sind in den ersten Jahren große Schwierigkeiten zu erwarten. Es wird nicht einfach", weiß der oberste deutsche Verwaltungsbeamte. Die Schweiz hat dieselbe Reform schon vor drei Jahren umgesetzt, mittlerweile ist das neue Schema akzeptiert.

Ein ähnliches Modell steht auch den etwa 1,8 Millionen deutschen Beamten bevor. Das Gesetz wurde im Juni vorgelegt, doch noch nicht beschlossen. "Es wird eine der ersten Hürden für die neue Regierung", so Müller. Das Novum: Junge sollen mehr verdienen als bisher. Auch soll die Mobilität zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft erhöht werden. So ist erwünscht, dass Personen aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst wechseln, wie umgekehrt. Auch der totale Ausstieg soll den Beamten möglich sein. Dabei ist wich tig, dass sie ihre bisherigen Ansprüche nicht verlieren.

Ob Müller die Reform des Beamtenschemas auch umsetzen wird, weiß er nicht: "Ich bin politischer Beamter und somit kann ich von der neuen Regierung abgesetzt werden." Dass das Gesetz noch scheitert, glaubt er wegen der Zustimmung aller Parteien nicht.

Schweiz verliert ihren obersten Beamten

Bewegung gibt es auch in der Schweizer Verwaltung. Der oberste Beamte, Peter Hablützel, Chef des Eidgenössischen Personalamtes, wirft nach 16 Jahren das Handtuch.

Auslöser war die rigide Personalpolitik der konservativen Vierparteien-Regierung: In den nächsten fünf Jahren müssen fast 12 Prozent der Angestellten - die Schweiz hat keine Beamten - abgebaut werden. Hablützel setzte auf natürlichen Abgang, doch die Vorgaben waren so strikt, dass es zu ein paar hundert Kündigungen kommen wird: "Vor allem Justizminister Christoph Blocher verbreitet Angst. Das ist nicht die beste Voraussetzung für den Wandel der Verwaltung."